Ich habe meinen Job gekündigt. Mein Kopf ist voll, mein Herz unruhig. Die Welt fühlt sich laut an – zu laut. Also breche ich auf. Ohne große Pläne, aber mit dem Bedürfnis nach Bewegung, Klarheit, vielleicht sogar Sinn. Ich pilgere. Mit dem Fahrrad. Auf dem Benediktweg durch den Südosten Bayerns, 250 Kilometer lang, vorbei an Seen, Klöstern und stillen Momenten.
Radpilgern in Bayern: Zwischen Stille und Spiritualität
Pilgern, das klingt nach schweren Wanderschuhen und religiösem Eifer. Doch der Begriff hat sich gewandelt. Heute ist er oft säkular besetzt, steht für Entschleunigung, Selbstfindung und Naturerleben. Der Benediktweg, benannt nach Papst Benedikt XVI., dessen Lebensstationen er folgt, bietet dabei eine besondere Kulisse – zwischen barocker Volksfrömmigkeit und persönlicher Einkehr.
Manche belächeln das Radpilgern. Zu schnell, zu bequem, sagen sie. Doch ich widerspreche. Wer von morgens bis abends im Sattel sitzt, braucht Ausdauer und lässt viel zurück: Komfort, Kontrolle, Lärm. Was bleibt, ist der Weg – und ich selbst darauf.
Ich rolle durch eine Landschaft, die wirkt wie ein Versprechen: weite Felder, stille Wälder, barocke Zwiebeltürme am Horizont. Die Klöster Raitenhaslach, Seeon und Au am Inn laden zur Rast – und zur Einkehr. Zum Zwölf-Uhr-Glockengeläut der Klosterkirche merke ich: Ich komme zur Ruhe. Etwas in mir wird leise.
Pilgerreise mit dem Fahrrad: Naturerleben und Selbstfindung
Es sind nicht nur die Kirchen, die mich berühren. Auch ein einzelner Baum, vom Frühling wachgeküsst, strahlt für mich etwas Heiliges aus. Oder der Chiemsee, der in aller Stille gegen seine Ufer schwappt. Das erhabene Panorama der Alpen in der Ferne. Der Glaube ist hier in Bayern sichtbar: Feldkreuze, Marterl, Kapellen. Ich beginne zu zählen – 26 religiöse Zeichen auf 50 Kilometern, Klöster nicht mitgerechnet.
An einem dieser Bildstöcke mache ich Halt. Die Sonne scheint, Vögel zwitschern, mein Atem ist ruhig. Ich denke an nichts. Ich bin einfach da. Genau in diesem Moment vibriert mein Handy. Ein Freund hat mir ein Video geschickt: Ein Hirte trägt ein Lamm, eine Robbe umarmt einen Taucher, Pinguine watscheln durchs Eis, ein Flamingo tanzt im Wasser, ein Wombat knabbert an einem Eukalyptusblatt. Dazu der „Sound of Silence“ von Simon & Garfunkel. Seltsamerweise passt es perfekt in den Moment – mitten hinein in diesen stillen Augenblick. Vom Glück beseelt fahre ich weiter.
Ich genieße das Alleinsein. Ich entscheide selbst, wann ich starte, wo ich halte, wie lange ich bleibe. Ich rede nicht, ich schweige. Und in diesem Schweigen höre ich viel. Doch manchmal wünsche ich mir auch jemanden zum Teilen: dieses Licht, diesen Duft, dieses Gefühl von Freiheit, das Glück. Aber vielleicht ist gerade das der Kern dieser Reise: zu erleben, dass ich mir selbst genüge.
Ziel Altötting: Ankommen beim Radpilgern in Bayern
Nach vier Tagen erreiche ich Altötting. Der Platz vor der Gnadenkapelle ist erfüllt von Kerzenduft und Geschichten. Die Votivtafeln an den Mauern zeugen von Dank, Hoffnung, überstandenen Krisen. Ich bin ergriffen. Ich spüre, wie tief verwurzelt das Bedürfnis nach Sinn und Heil ist – auch in mir.
In der Kapelle stehe ich vor der Schwarzen Madonna. Ich bin keine fromme Pilgerin, aber ich bin bewegt. Ich bin dankbar für diese Reise. Für die Bewegung, die mir gutgetan hat – dem Körper, dem Geist, der Seele.
Radpilgern ist mehr als eine sportliche Herausforderung. Es ist ein stiller Dialog mit sich selbst. Ein Weg, auf dem man sich verliert – und wiederfindet. Manchmal genügt auch ein einzelner Tag in der Stille, um zu spüren, dass das Leben weitergeht. Vielleicht nicht wie geplant. Aber vielleicht genau richtig so.
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