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Wanderer auf Brücke über Wasserfall

Das Luxemburger Müllerthal vereint malerische Wege, kleine Brücken und Grün, soweit das Auge reicht / © Luxembourg Tourismus

Naturerlebnis Felsengarten im Müllerthal

Das Müllerthal in Luxemburg lockt geheimnisvoll mit Semmelstoppel und Sieweschloeff

Im Müllerthal findet man Koboldbärte, Felsspalten und kleine Kröten: Natürliche Abenteuer, die auch Kindern Spass machen.

"Manche reisen extra für unser Pilzmenü an", freut sich David Albert, der Wirt des "L'ernz Noire". Und dann erzählt er von Totentrompeten, Steinpilzen und Semmelstoppelpilzen, die er genial mit Wild, Fisch und Saucen kombiniert. Schade, dass die Zeit noch nicht ganz reif ist. Semmelstoppel, die kleinen orangefarbenen Speisepilze mit den unverwechselbaren Stoppeln auf der Unterseite, gehören für viele zu den längst vergessenen Kindheitserinnerungen. Hier im Müllerthal, der kleinen Luxemburger Schweiz, gehören sie offenbar zum Standardrepertoire.

Und wirklich, der Wald im Müllerthal riecht nach wassergetränktem Boden, nach Pilzen und mehr. Feuchtbiotope durchwandert man hier, von Nebel umwabert, mit bemoosten Baumstämmen und Felsen zwischen mäandernden Bachläufen. In der Sprache meiner Kinder heißt das, ein Elfentanzplatz reiht sich an den nächsten. Und so sind die sechsjährige Sophie und die neunjährige Leonie mal Pferd, mal Wolf, mal kleine Elfe. Sie hüpfen über Holzbrücken und klettern durch trockengefallene Bachbetten. Mal mit Wonne, mal mit leichtem Grusel zwängen sie sich durch enge Spalten und dunkle Höhlen, die hier Sieweschloeff und Raiberhiel heißen. Die Taschenlampe darf nicht fehlen.

Es ist das erste Mal, dass wir auf dem Weg in den Süden nicht einfach durch Luxemburg durchfahren. Wir wollen drei Tage mit der Familie wandern. Schon das Domizil lädt die Kinder zum Klettern ein – ein Turm in der alten Stadtmauer von Echternach. Über eine Wendeltreppe sind die vier Stockwerke miteinander verbunden. Die Einrichtung ist modern, aber das Wohngefühl ist sehr mittelalterlich. Die kleine Stadt Echternach ist die älteste in Luxemburg und das sieht man ihr im guten Sinne auch an. Die romanische Basilika dominiert das Stadtbild, der Place du Marché mit seinen Brasserien wirkt sehr französisch.

Wolfsschlucht und Hohllay

Am ersten Tag steht eine Streckenwanderung von Echternach nach Berdorf auf dem Plan. Zwei Highlights der bizarren Müllerthal-Felsenlandschaft erreicht man auf der rund acht Kilometer langen Wanderstrecke – die Wolfsschlucht und die Hohllay, ein von Menschenhand ausgehöhlter Felsen. Die anspruchsvolle Vorgabe bei Wanderungen mit Kindern: Alle halbe Stunde muss etwas passieren – mindestens. Das stellt hohe Anforderungen an die Landschaft und den Proviantrucksack. Wobei auch kleine Attraktionen reichen, um die Mädchen in Begeisterung zu versetzen. Wir hatten in der Reihenfolge des Auftritts: Kekse, die Wolfsschlucht, ein Rotkelchen, eine kleine Kröte, die Hohllay, eine Maus und eine Limonade in einer Berdorfer Kneipe.

Die Wolfsschlucht ist ein düsteres, enges Felsental mit vielen Stufen, kleinen Vorsprüngen zum Draufklettern und Runtergucken, Höhlen und Spalten, in denen man immer noch ohne weiteres ein Wolfsrudel vermuten könnte. Das einzige Wolfsgeheul geht allerdings von unseren beiden Kinderwölfen aus. Gespenstisch hallt es von den engstehenden Felswänden wider. Eine gute Stunde weiter erreicht man die Hohllay, eine richtig große Höhle, die Menschen im Laufe von Jahrtausenden geschaffen haben. An den runden Auskerbungen in den Wänden erkennt man die Größe der Mühlsteine die hier schon in der Römerzeit geschlagen wurden. Die Region Müllerthal hat ihren Namen von den unzähligen Mühlen, die in früheren Zeiten hier zu finden waren.

Teufelsinsel, Roitzbachschloeff und Sieweschloeff

Der nächste Tag bringt Attraktionen im Viertelstundentakt – so macht Familienwandern Spaß. Hinter einer Kuhweide von Berdorf liegt der etwas versteckte Einstieg in ein wild zerklüftetes Tal. Kaum fünf Minuten nach Betreten des Waldes passieren wir auf Holzbrückchen Engstellen von kaum drei Metern Breite. Sophie und Leonie haben das Bachbett zum Wanderweg erkoren. Über Stock und Stein ist das Ganze noch spaßiger als auf den Wegen. Wenige Minuten später öffnet sich das Tal und rechter Hand erheben sich die Teufelsinsel und die Roitzbachschloeff. Auf engen Stiegen erreicht man das sonnenbeschienene Plateau der Teufelsinsel. Picknick! Der Felsen ist so glatt vom Nachbarfelsen abgeschnitten, dass die Menschen in früheren Zeiten sich das nur mit einem Handkantenschlag des Teufels erklären konnten. Durch die stockfinstere Räuberhöhle steigen wir mit Taschenlampe weiter und erreichen den Adlerhorst. Sophie ist froh, dass Wölfe, Bären und Ungeheuer heute nicht zuhause sind.

Die letzte Attraktion des Tages heißt Sieweschloeff, Siebenschluchten, und hat es in sich. Wie in einem Labyrinth zwängt man sich zwischen turmhohen Felsen hindurch. An der engsten Stelle sind die Spalten nur 30 Zentimeter breit. Für die Kleinen ein Kinderspiel, für Erwachsene der Test für intakte Körperform. Immer neue Wege öffnen sich, verengen sich und führen in eine andere Spalte.

Semmelstoppelpilze und Schloss Beaufort

Nicht nur Felsenplateaus, auch kulinarische Höhen kann man im Müllerthal erklimmen. Manchmal unverhofft und überraschend. Unsere Tour durchs Hallerbachtal zum Schloss Beaufort wird für mich zum Kindheits-Déjà-vu. Zuerst sehe ich nur vereinzelt einen gelblichen Pilz im Moos stehen. Als ich den ersten von unten betrachte, geht der Jubel mit mir durch – Semmelstoppel! Wir suchen und finden eine halbe Tasche voll mit besten Semmelstoppelpilzen. Für die Kinder ganz klar eine Supertour. Pilze finden schafft Ereignisse im Minutentakt. Fast schon nebenbei genießen wir das feuchte Bachtal. Moose hängen wie Koboldbärte von den Ästen, Baumstämme sehen aus wie Dinosaurier, Hänge sind übersät mit tonnenschweren Felsbrocken vom letzten Riesenmikado.

Am Ziel, dem Schloss Beaufort, erwartet die Erwachsenen eine Köstlichkeit der besonderen Art, der Cassero, ein dunkler, schwere Likör aus schwarzen Johannisbeeren. Die Schlossherrin Gräfin Linckels legt Wert darauf, dass sie nur beste Zutaten verwendet und niemals irgendwelche Zusätze. Hier schmeckt man die reine Frucht.

So kommt es, dass am Abend ein herrlicher Pilzduft die Turmküche erfüllt und die Erwachsenen einen wahrhaften Kir royal genießen, aus luxemburgischem Crémant mit feinstem Cassero. Wenn das keine regionale Küche ist. Nicht ausgeschlossen, dass wir nächstes Jahr bei David Albert anrufen und fragen, ob die Pilzsaison schon begonnen hat.

Mehr Informationen

Der Müllerthal-Trail gehört zu den Vorzeigeprojekten unter den Wanderwegen: spannende Wegeführung, gute Ausschilderung, hilfreiches Informationsmaterial und gute Anbindung an Bus und Bahn. In drei großen Schlaufen mit zusammen mehr als 100 Kilometern verbindet der Weg die wildesten Felsformationen mit zauberhaften Bachtälern und Burgen. Teilstücke sind problemlos auch für Kinderbeine planbar.
 

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