Dienstreisen verursachen bundesweit einen beträchtlichen Anteil an den CO2-Emissionen des Verkehrssektores. Dabei gilt – ebenso wie bei Urlaubsreisen: Jede*r Reisende hat die Möglichkeit, den eigenen CO2-Fußabdruck zu beeinflussen und erheblich zu reduzieren. Allerdings muss man dabei manchmal mit liebgewordenem Statusdenken und alten Gewohnheiten brechen. Die besagen zum Beispiel: Geschäftsreisende tragen dunkles Tuch, sind immer in Eile und lieben das Gewohnte. Deshalb steigen sie in Flugzeuge oder Dienstwagen und schlafen in Hotels, in denen die Zimmer immer genau gleich eingerichtet sind, egal in welcher Stadt sie sich befinden.
In Deutschland wurden laut VDR-Geschäftsreisenanalyse im Jahr 2022 über 75 Millionen unternommen – klingt viel, vor der Pandemie im Jahr 2019 waren es aber noch fast 200 Millionen Dienstreisen. Pandemie und Inflationen haben in den vergangenen Jahren zu einem Umdenken geführt, von dem auch das Klima profitiert. Viele Unternehmen – aber auch Kommunen und öffentliche Verwaltungen – schnallen den Gürtel beim Dienstreisen deutlich enger und machen ihren Beschäftigten entsprechende Vorgaben. Das größte Sparpotenzial bietet natürlich das Online-Meeting gegenüber dem Vor-Ort-Treffen. Aber auch bei echten Reisen wird stärker auf die Kosten geschaut, was gut fürs Klima ist, denn das Bahnticket schneidet im Kostenvergleich oft besser ab als Flugticket oder Pkw-Kilometer-Pauschale.
Bahnfahren statt fliegen
In großen Unternehmen mit eigenem Travelmanagement gibt es in der Regel Richtlinien für die Planung und Durchführung von Dienstreisen. Die legen fest, was ein Hotel kosten darf oder nach welchen Kriterien die genutzten Verkehrsmittel ausgewählt werden. Darüber könnte ein Unternehmen gleich auch noch steuern, welche Rolle Nachhaltigkeit bei der Planung einer Dienstreise spielen soll. Dies tun laut VDR immerhin knapp 50 Prozent der Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden. Bei kleineren Unternehmen sinkt die Quote deutlich – nicht aus Unwille, sondern weil es keine zentrale Steuerung der Dienstreisebuchungen gibt.
Bahnreisebüros oder Bahnagenturen können bei kleineren Firmen das Travelmanagement ersetzen. Der Vorteil: In kleinen Firmen bucht sich sonst jede*r Mitarbeitende die Reise selbst. Das ist zeitaufwändig, die Mitarbeitenden kennen meist nicht die günstigsten Bezugsquellen und achten nur in Ausnahmefällen auf Nachhaltigkeit. Größere Firmen beschäftigen daher häufig einen gut ausgebildeten Mitarbeitenden als Travelmanager. Kleine Firmen geben die Aufgabe häufig an wenig bahnaffine Reisebüros, die ihnen günstiger Konditionen einräumen – allerdings spielt auch hier das Thema Nachhaltigkeit oft keine Rolle. Anders bei Bahnagenturen: "Die Firmen haben ein Konto bei uns und die Mitarbeitenden wissen, dass sie sich für die Ticketbuchung an uns wenden können", sagt Siegfried Klausmann, Gründer und Geschäftsführer der Bahnagentur Gleisnost. Da Gleisnost nur Bahn- und ÖV-Tickets verkauft, kommt die Frage nach dem Flugticket gar nicht erst auf. Dienstreisen per Flug, Hauptquelle für unnötige CO2-Emissionen, werden damit von vorneherein vermieden.
Vermeiden, verlagern, ausgleichen
Die Faustregel für Nachhaltigkeit bei Dienstreisen ist einfach: vermeiden, verlagern, kompensieren. Unter Corona hat sich deutlich gezeigt: Nicht jede Dienstreise ist wirklich notwenig, um den Arbeitserfolg zu sichern. Auch wenn der persönliche Kontakt weiter wichtig bleibt, müssen beispielsweise nicht immer alle am Projekt beteiligten Mitarbeitenden an allen Meetings außer Haus teilnehmen. Ein weiterer Trend: längere Dienstreisen mit Übernachtung statt Tagesreisen. So kann man mehrere Termine konzentrieren und die Zeit vor Ort nutzen, um möglichst viele Partner*innen zu treffen: Wer viel auf Dienstreisen unterwegs ist, macht das schon aus eigenem Interesse, um die Arbeitszeit effizient zu nutzen.
Wenn eine Reise nicht zu vermeiden ist, stellt sich die Frage nach dem richtigen Verkehrsmittel. Bus und Bahn sind – was CO2-Emissionen angeht – deutlich besser als Pkw oder Flug. Außerdem hat die Bahn den großen Vorteil, dass man die Fahrtzeit auch als Arbeitszeit nutzen kann.
Wenn es doch mal der Flug sein muss, weil ein Termin sonst nicht erreichbar wäre oder die Distanz zu groß wird, können Firmen die Flüge per CO2-Kompensation ausgleichen. Dafür gibt es Firmen wie atmosfair, die die Ausgleichsprojekte nach hohen international anerkannten Standards auswählen. Die deutsche Bundesregierung beispielsweise hat beschlossen, alle ihre Dienstreisen zu kompensieren.
Hotel mit Bedacht wählen
Travelmanager mögen es nicht, wenn die Reisebuchung zu individuell wird. Daher arbeiten sie gerne mit großen Hotelketten oder mit einer kleinen Auswahl an Anbieter*innen vor Ort. Inzwischen gibt es Hotelketten, die auf Nachhaltigkeit achten und sich das auch zertifizieren lassen. Travelmanager sollten sich über solche Ketten informieren und mit der Geschäftsführung vereinbaren, ob sie nachhaltige Unterkünfte bevorzugen dürfen – auch wenn diese mal ein paar Euro pro Nacht mehr kosten.