Hochsaison an der Costa Brava: In den Strandbars ist kein Stuhl frei, der Eisverkauf läuft auf Hochtouren. Im Küstenort Palamós pilgern alle an den Strand. Kleiderordnung: Weniger ist mehr. Aber nicht nur nackte Haut zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Von rechts nach links bewegen sich Wandernde ins Bild. Langsam kämpfen sie sich im sandigen Untergrund voran, während alle Augen ihnen folgen und jedes Detail registrieren: das schwere Schuhwerk, die großen Rucksäcke, die Funktionskleidung. Der Fernwanderweg GR 92 folgt konsequent der Küstenlinie und macht auch vor den Sandstränden rund um die Ferienorte Blanes, Lloret de Mar oder Platja d’Aro nicht Halt. Aber kaum hat man die bekannten Touristenhotspots hinter sich gelassen, trifft man auf die besten Seiten der Costa Brava: kleine Fischerdörfer, Pinienwälder und einsame Badebuchten – auch während der Hochsaison.
Der „Camí de Ronda“ – angelegt im Kampf gegen Schmuggler – führt am äußersten Rand der zerklüfteten Küste entlang. So hatten die Wachposten immer beste Sicht bis zum Horizont. Aber sicher haben sie an heißen Tagen auch mal die Hosenbeine hochgekrempelt und die Füße im Meerwasser gekühlt. Das ständige Auf und Ab geht in die Beine. Bei jeder Badestelle wird die Versuchung größer, Rucksack und Funktionskleidung ab- und sich selbst in die Fluten zu werfen. Die Sonne bricht sich im flaschengrünen Wasser, das so klar ist, dass man Muscheln und Fischschwärme auf dem Meeresgrund erkennen kann. Sich einfach treiben lassen, die müden Muskeln entspannen und sich danach auf einem großen sonnengewärmten Stein ausstrecken und die Stille genießen – so schön kann Natur-Wellness sein.
Wandern mit Aussicht
Je näher der Weg der französischen Grenze kommt, umso schöner und naturbelassener wird die Landschaft. In historischen Hafenstädtchen wie Palamós, Parafrugell oder Begur belohnen sich Wandernde abends mit einem gemütlichen Zimmer mit Meerblick und einem Abendessen an der Strandpromenade. Ein Glas Rotwein im Sonnenuntergang, dazu phantasievolle Tapas aus frischem Fisch oder Spezialitäten aus den nahen Bergen – das hat mindestens vier Sterne für Genuss und Ambiente verdient.
Wenn die Sommerferien in Frankreich und Katalonien Anfang September zu Ende gehen, wird es schlagartig ruhig an der Costa Brava. Die Hotelpreise sinken, die Strände leeren sich und Restaurantbesitzer*innen haben wieder Zeit zu plaudern. Zwar bleibt der Wandernde an der Costa Brava auch in der Nebensaison ein Mensch mit uneleganten Schuhen und verdächtig hippieskem Gepäck. Aber er erntet damit deutlich weniger Aufmerksamkeit – einfach, weil weniger Leute da sind, die gucken können.