Wonach suchst du?

Heidi Witzmann auf einer Wiese

Heidi Witzmann verrät Anderswo, wie man sich verantwortungsvoll auf seinen Wanderurlaub vorbereiten kann. / © Heidi Witzmann

Verantwortungsvoller Outdoor-Urlaub: Wie geht das?

von Katharina Baum

Wir wollen möglichst naturnah unterwegs sein, aber die Natur nicht stören, geschweige denn zerstören. Anderswo hat Trekking-Guide Heidi Witzmann getroffen, die uns verraten hat, was bei einem Outdoor-Urlaub alles zu beachten ist.

Kann es überhaupt verantwortungsvollen Outdoor-Urlaub geben oder schließen sich Natur erleben und Natur schützen von vornherein aus?

Das hängt natürlich sehr von der Art der Reise und den Aktivitäten ab, aber grundsätzlich würde ich sagen: Das geht. Es ist nicht ganz einfach, man muss sich gut vorbereiten und auch immer wieder an sich selbst arbeiten, aber man kann Natur- und Umweltschutz mit einem Urlaub in der Natur vereinbaren.

Welche Aspekte sollte man bei einem verantwortungsvollen Outdoor-Urlaub beachten?

Das fängt bei ganz einfachen Sachen an, wie dass man keinen Müll hinterlässt, dass man keine Pflanzen beschädigt und vor allen Dingen auch die Tiere nicht stört, respektvoll Abstand hält, keinen Lärm macht. Und dass man in Schutzgebieten die dort geltenden Regeln beachtet.

Dazu kommen die großen Themen, die zu einer Reise generell dazu gehören und eben auch zum Outdoor-Urlaub: Wie komme ich dahin und wie bewege ich mich vor Ort? Sind meine Aktivitäten vor Ort klima- und naturfreundlich oder eher nicht? Wo komme ich unter und wie verpflege ich mich? Haben die Einheimischen vor Ort auch etwas davon, dass ich in ihrem Land Urlaub mache, oder gehen sie gänzlich leer aus?

Ganz schön viele Fragen, die man bedenken muss. Wie bereitet man sich denn am besten auf einen Outdoor-Urlaub vor?

Man sollte sich gut über die jeweilige Region informieren. Je nachdem, ob ich an einem festen Ort bin und Tagesausflüge machen oder ob ich draußen übernachte, brauche ich natürlich unterschiedliche Sachen. Generell gilt: Nur das mitnehmen, was man auch wirklich braucht – was auch mir zugegebenermaßen manchmal noch schwerfällt. Bei meiner Weitwanderung durch Estland und Lettland hatte ich zum Beispiel zwei Powerbanks dabei, weil ich nicht wusste, wann ich wieder würde laden können. Das hat sich als total unnötig erwiesen, und ich habe 350 Gramm umsonst mit mir rumgeschleppt. Das hört sich erstmal nicht viel an, aber es summiert sich.

Um möglichst wenig Müll zu verursachen, kann man vorab Trekking-Mahlzeiten oder Snacks selbst zubereiten. Zum Beispiel Energieriegel, die man dann gesammelt verpackt statt einzeln. Ich verwende dazu wiederverwendbare Zipper-Tüten. Auch für mein Müsli. Das Selbermachen steigert für mich auch die Reisevorfreude – und das mit Liebe vorbereitete Essen schmeckt auch nochmal viel besser. Die Tüten nehme ich wieder mit nach Hause und benutze sie bei der nächsten Tour wieder.

Und was macht man mit dem Müll, der trotzdem anfällt?

Mitnehmen. Generell gilt: keinen Müll zurücklassen, niemals, nirgends, auch kein Toilettenpapier. Wenn es irgendwie geht, sollte man den Müll am besten mit nach Hause nehmen und dort entsorgen, denn in manchen Reisegebieten ist das Abfallsystem auch in den Orten durch die Touristen total überlastet. Zum Naseputzen habe ich übrigens immer ein Stofftaschentuch von meinem Opa dabei, das ist extrem praktisch!

Gibt es einen Ausrüstungsgegenstand, den du immer dabei hast?

Was ich empfehlen kann, sind Wanderstöcke. Am Anfang habe ich gedacht, oh nee, Stöcke, dafür bin ich viel zu jung, die brauche ich gar nicht. Aber Stöcke sind super. Die kann man nämlich für alles Mögliche einsetzen: Um territoriale, wildgewordene Hunde abzuwehren, ein Tarp oder Zelt aufzustellen, an steilen Auf- und Abstiegen mit viel Gepäck nicht zu stürzen, oder einen Bach zu queren. Das ist auf jeden Fall ein Gegenstand, den ich immer mitführe.

Apropos wilde Hunde abwehren: Du bist oft allein unterwegs. Fühlst du dich dabei nicht unsicher?

Nein. Als ich acht Wochen alleine durch das Baltikum gewandert bin, habe ich mich kurz vorher von Freunden verrückt machen lassen: Das sei viel zu gefährlich! Also habe ich mir ein Pfefferspray besorgt. Und das Ende vom Lied war, dass ich das die ganze Zeit im Rucksack hatte, original verpackt, und es mich die ganze Zeit genervt hat. Ich hätte es nicht bedienen können und ich hätte es wahrscheinlich in einer gefährlichen Situation überhaupt nicht rechtzeitig aus dem Rucksack bekommen. Ich hätte nicht mal gewusst, wo es ist.

Insgesamt habe ich die Erfahrung gemacht, dass immer, wenn ich allein irgendwo in der Natur war, alles prima war. Aber sobald ich mich in Zivilisationsnähe befunden habe, hatte ich manchmal Momente, in denen ich mich nicht wohl gefühlt habe. Also, wenn man Sorge hat, sich allein unterwegs unsicher zu fühlen, kann ich eigentlich nur empfehlen, in die Natur möglichst weit weg von anderen Menschen zu gehen. Dann ist man zwar auf sich selbst gestellt, aber man läuft nicht Gefahr, nachts überfallen, ausgeraubt oder Schlimmeres zu werden.

In der Natur trifft man dafür auf wilde Tiere. Wie bereitet man sich darauf vor?

Man sollte sich vorab gut informieren, welche Tiere im Reiseland vorkommen. Aber grundsätzlich muss man wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland und Europa ein vermeintlich gefährliches Tier zu treffen, verschwindend gering ist. Andere Tiere, mit denen man vielleicht Berührungsängste hat, wie Spinnen oder Mäuse, sieht man schon eher – klar, die sind ja dort zu Hause, und wir sind nur zu Gast. Aber wenn man in einem geschlossenen Zelt übernachtet, kommen die ja nicht zu einem rein. Mäuse wollen höchstens an das Essen in meinem Rucksack, das muss man also gut verpacken. Das passiert aber vor allem dort, wo häufiger Menschen übernachten, also auf etablierten Trekking-Plätzen. Mitten in der Natur würde sich eine Maus wahrscheinlich nicht an deinen Rucksack verirren.

Was würdest du jemandem raten, der sich unsicher ist, ob ein mehrtägiger Outdoor-Urlaub das richtige für ihn ist?

Erstmal klein anfangen: Es muss nicht gleich die zweiwöchige Tour sein, sondern man kann bei einem Tages- oder Wochenendtrip herausfinden, ob einem das unterwegs sein und gegebenenfalls sogar draußen übernachten überhaupt liegt. Und bei der Ausrüstung muss es auch nicht das Neueste, Teuerste sein. Gebrauchte Gegenstände, die man sich oft auch ausleihen kann, tun es auch.

Eine Gruppenreise mit einem erfahrenen Guide ist auch eine gute Möglichkeit: Man ist mit gleichgesinnten Menschen unterwegs, was total viel Spaß macht. Und die Guides erklären einem die Basics: Wie gehe ich mit Karte und Kompass um, wo wäscht man sich, was macht man mit dem Müll, und so weiter. Bei den Touren geht es meiner Erfahrung nach nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger Wissen zu vermitteln, sondern darum, Naturerfahrungen zu ermöglichen.

Und das ist gar nicht so selbstverständlich, denn die Verbindung zur Natur ist aufgrund unseres schnelllebigen Lebens in einer hoch technologisierten Welt bei vielen abhandengekommen. Es ist ein Lernprozess, sich wieder in die Natur zu wagen, und alles, was einem auf dem Weg begegnet, aktiv wahrzunehmen. Ich kann es einfach nur empfehlen, draußen unterwegs zu sein, sich sowohl vorab entsprechende Gedanken zu machen als auch sich vor Ort zu informieren, zum Beispiel an Infotafeln oder in Infozentren. Wenn man bewusst unterwegs ist und seinen gesunden Menschenverstand einsetzt, kann man eigentlich nicht so viel falsch machen. Und: Es gibt so viel zu entdecken!

Mehr von Heidi

Für noch mehr Inspiration für den nächsten Wanderurlaub lohnt es sich Heidi Witzmanns Reisebericht Über 1000 Kilometer zu Fuß durchs Baltikum zu lesen. Dort gibt es noch genauere Reisetipps für die Planung einer Wanderung auf dem Baltic Forest Trail und was bei Fernwanderungen essentiell ist.

 

Info

Allein oder in der Gruppe, aber immer mit Zelt und in der Natur: Heidi Witzmann bricht regelmäßig zu Trekking-Touren in Deutschland und Nordeuropa auf. Aktuell studiert sie Nachhaltiges Tourismusmanagement an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde und macht eine Ausbildung zum Trekking-Guide beim Anderswo-Partner Wildniswandern

Heidi empfiehlt

Wenn man in der Natur aktiv ist, gibt es viel zu beachten. Deshalb haben das Bundesumweltministerium, das Bundesamt für Naturschutz und die Deutsche Sporthochschule Köln unter natursport.info ein ausführliches Wissensportal zu Aktivitäten in der Natur zusammengetragen.Vom klassischen Wandern oder Radeln, über Tauchen, Geocaching oder Bogenschießen: Die Website gibt einen Überblick über die Besonderheiten der Sportarten, erklärt, worauf man achten sollte, und geht auch auf verschiedene Schutzgebiete ein. In der großen Literaturdatenbank gibt es zudem viele weiterführende Informationen. Weitere gute Anlaufstellen, um sich zum achtsamen Umgang mit der Natur zu informieren, sind die Webseiten der Outdoor-Verbände, zum Beispiel des Deutschen Alpenvereins (DAV) oder des Deutschen Wanderverbands (DWV).