Als das erste Licht durch den Vorhang im Schlafwagen fällt, höre ich meine Mitreisenden schon leise flüstern. Noch einmal kurz strecken, dann klettere ich die Leiter von meinem Stockbett hinunter, ziehe den Vorhang etwas zurück und blicke mit verschlafenen Augen auf die grüne, südschwedische Seenlandschaft vor mir. Ich bin auf dem Weg nach Stockholm. Als ich gestern Nacht in Hamburg in den Schlafwagen zugestiegen bin, schliefen meine „Zimmergenossinnen“ noch. Jetzt unterhalten wir uns auf Englisch über nachhaltige Wärmesysteme, Architektur, Kunst und Literatur. Zwischen Kaffee, Joghurt mit Müsli und Einblicken in die Leben und die Interessen dieser Fremden, fahre ich in Stockholm ein. Unsere Wege trennen sich bald, aber die zufällige Begegnung im Nachtzug bleibt. Es sind solche Momente, die das Alleinreisen so besonders machen.
Zeitreise zu den Wikingern in Uppsala
Mein Ziel an diesem Tag ist die Student*innenstadt Uppsala, die mit dem Zug in gut einer halben Stunde erreichbar ist. Dort möchte ich einerseits eine Freundin, andererseits auch die Hügelgräber von Gamla Uppsala aus der Wikingerzeit besuchen. Ganz traditionsbewusst führt der erste Stopp in Uppsala ins Café, um „Fika“ – schwedisch für Kaffee und Süßgepäck – zu genießen. Mit einer Semla, einem süßen Hefeteiggepäck mit Vanillefüllung und Marzipan, gestärkt, erkunde ich zunächst die Stadt. Am nächsten Tag spaziere ich gemeinsam mit meiner Freundin über die geschichtsträchtigen Felder und an den Hügelgräbern vorbei. Die immer wieder düster über uns hinwegziehenden Wolken unterstreichen die Stimmung dieses besonderen Ortes. Ich empfehle euch das Museum von Gamla Uppsala zu besichtigen. Dort werden Führungen auf Englisch angeboten, die im Ticketpreis inkludiert sind. Ausgrabungsfunde und entzifferte Runen erläutern, wie wichtig Uppsala in der Wikingerkultur war und welche Bedeutung die Grabhügel hatten.
Stockholm – Kardamomknoten und interaktive Museen
Nach dem Abschied von meiner Freundin geht es für mich zurück nach Stockholm. Drei Tage habe ich Zeit, die Stadt kennenzulernen. Von meiner Unterkunft in Södermalm aus erkunde ich die Stadt meist zu Fuß, um keine Eindrücke zu verpassen und jede kleine Gasse in der Altstadt auf mich wirken zu lassen. Urban Hiking macht deshalb in Stockholm so viel Spaß, weil immer wieder kleine Brücken die einzelnen Inseln, aus denen die Stadt besteht, miteinander verbinden. Historische Gebäude wie der Königspalast, moderne Architektur und Natur treffen hier auf engem Raum zusammen – perfekt, um die Stadt zu Fuß zu entdecken. Natürlich darf auch beim Urban Hiking das ein oder andere Fika nicht fehlen. Zwar nicht ideal für eine ausgiebige Kaffeepausen, da es keine Sitzmöglichkeiten gibt, aber auf jeden Fall einen Besuch wert: die Lillebrors Bageri im Stadtteil Norrmalm. Dort gibt es meiner Meinung die besten Kardammomknoten. Frühaufsteher*innen werden hier besonders belohnt: Die Croissant-Zimtschnecken sind schnell ausverkauft (Kleiner Hinweis: Montags ist die Bäckerei geschlossen).
Für ausgedehnte Spaziergänge und entspannte Auszeiten eigenen sich die Parks auf der südlichen Seite des Stadtteils Södermalm. Ein Abstecher hierhin fühlt sich an wie ein Ausflug in den Süden. Wenn ihr hier abends noch eine Runde dreht, könnt ihr den Sonnenuntergang auf der Terrasse der Bar Rackarbacken mit Blick auf die idyllischen, in dem kleinen Hafen liegenden, Segelboote, ausklingen lassen. Auch auf der Museumsinsel Djurgarden könnt ihr euch die Füße nach eurem Besuch im Vasa Museet oder im Nordischen Museum vertreten. Beide Museen sind empfehlenswert: Im Vasa Museum bestaunt ihr das riesige Schiff Vasa, das 300 Jahre am Meeresgrund verschollen war. Das Nordische Museum bietet spannende Einblicke in das schwedische Alltagsleben und die kulturellen Unterschiede zwischen Nord und Süd sowie die historischen Spannungen zwischen Mythologie und Christentum. In dieser interaktiven Ausstellung wäre ich gerne länger geblieben, wenn das Museum nicht für den Tag geschlossen hätte. Wenn ihr gerne interaktive Museen besucht, empfehle ich euch, auch im ABBA-Museum in die Welt der ikonischen Popgruppe einzutauchen.
Vegetarische Köstlichkeiten findet ihr in Großstädten wie Stockholm zu genüge. Ich mache mich jedoch auf die Suche nach einem der Nationalgerichte Schwedens – Köttbullar in vegetarisch. Ganz in der Nähe des Königspalastes werde ich auch fündig. Im Restaurant Verte werden neben den fleischlosen Bällchen ganz viele schwedische Klassiker neu interpretiert. Weitere Tipps, wie ihr ganz einfach vegan oder vegetarisch verreist, findet ihr im Artikel Tipps für einen veganen Urlaub.
Malmö – Kulinarik und Meeresrauschen
Ich hätte in Stockholm noch vieles entdecken können, doch für mich geht es weiter – in die südschwedische Provinz Skåne, genauer gesagt nach Malmö. Die Stadt hat eine industrielle Vergangenheit und war lange mit einem schlechten Ruf behaftet. Jedoch haben Maßnahmen der Deindustrialisierung und die neu gedachte Wohnkonzepte Schwung in die Student*innenstadt gebracht. Speziell früher als gefährlich und heruntergekommen betrachtete Stadteile wie Rosengård sind im Aufschwung und eine neue, hippe Kunstszene entwickelt sich. Auch neue Cafés und Restaurants sprießen hier.
Malmö ist besonders spannend, weil hier viele Ethnien zusammenleben. Das spiegelt sich in der vielfältigen Gastronomie wider. In der zentral zwischen Alt- und Neustadt gelegenen Saluhall entdeckt ihr nicht nur architektonisch viel, sondern auch kulinarisch werdet ihr nicht enttäuscht: Speisen aller Welt könnt ihr in der restaurierten und renovierten Lagerhalle probieren: zum Beispiel eine wärmende Ramen-Suppe, besondere Käsespezialitäten, köstliche Pizza – an den spannenden Verkaufstheken kommt jede*r auf seine Kosten. Gastronomisch verwöhnen lasse ich mich bei Koreanischen Spezialitäten auf dem Lilla Torg – dem historischen Marktplatz von Malmö. Ihr seht schon – Foodies werden in dieser Stadt verwöhnt.
Ich hatte auch Lust, etwas ganz Neues auszuprobieren. Deshalb bin ich über meinen Schatten gesprungen und habe mich durch die ungewöhnlichen kulinarischen Angewohnheiten und Traditionen der ganzen Welt probiert: im Disgusting Food Museum. Dort habe ich viel über Essegewohnheiten einzelner Länder gelernt. Wenn ihr keinen schwachen Magen habt, kann ich euch den Besuch des interaktiven Museums empfehlen.
Malmö bietet mehr als Kulinarik. Auch landschaftlich kann es überzeugen: die langen Gehwege entlang des Meeres laden zum Schlendern ein. Genauso gut eignet sich der Schlosspark für ausgiebige Spaziergänge. Bekannt ist Malmö auch für seine Second-Hand-Szene. In der Altstadt findet ihr viele kleine Boutiquen, die ein gut sortiertes Sortiment and Second-Hand Kleidung führen.
Eine Nacht in Malmö war definitiv zu kurz, aber meine Städte-Hopping-Tour geht weiter – oder besser gesagt: zurück nach Hamburg. Wer mehr Zeit auf seiner Städte-Hoping-Tour hat, sollte unbedingt einen Stopp in Kopenhagen einlegen. Der Zug zurück nach Hamburg führt ohnehin an der dänischen Hauptstadt vorbei.
Hamburg – Elbphilharmonie und Urban Bunker
In Hamburg stehen die Bäume entlang des Alster-Sees in voller Blüte. Das macht den Spaziergang um den See zu einer Szene aus dem Bilderbuch. Den restlichen Tag verbringe ich damit, mir die verschiedenen Stadtteile Hamburgs anzusehen. Ich spaziere durch den Hafen und die Speicherstadt, genieße den Ausblick von der Elbphilharmonie und wage am Abend einen Abstecher auf die Reeperbahn. Da es mir dort aber zu laut und voll ist, suche ich in den Seitenstraßen nach einem Restaurant – und werde fündig: Die Kombüse ist ein mexikanischer Imbissladen mit Sitzgelegenheiten. Auch hier ist es voll, doch die Gäste sind aufgeschlossen und offen, leicht komme ich mit Menschen ins Gespräch. Das Essen ist lecker und preiswert, auch vegetarische und vegane Optionen stehen zur Auswahl.
Am nächsten Morgen erkunde ich das Schanzenviertel und schlendere begeistert durch den großen Flohmarkt im Karolinenviertel. Dieser hat jeden Samstag geöffnet und lässt das Herz aller Flohmarktfans höherschlagen. Von Fahrrädern über Besteck, Schmuck, Klamotten bis zu Selbstgemachtem gibt es hier alles.
Auf dem Weg zurück zur Bahn fällt mir die grün bewachsene Fassade eines Hochhauses ins Auge. Neugierig stelle ich mich in die Schlange, die sich vor dem Gebäude bildet. In einem Gespräch erfahre ich, dass Hamburger*innen das Gebäude „Hausberg“ nennen. Während ich die Treppen Etage für Etage hinaufsteige, verstehe ich auch wieso: der Wind bläst hier oben deutlich fester, die Treppen haben es in sich und die begrünte Dachterrasse belohnt den Aufstieg mit einem großartigen Ausblick. Während des Aufstiegs informieren Tafeln immer wieder über die Geschichte des Turmes. Bei dem Gebäude handelt es sich um einen alten, 50 Meter hohen Flakbunker. Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges fanden in ihm bis zu 25000 Menschen Platz. Heute ist der begrünte Bunker ein Symbol für das junge Hamburg. Der Eintritt auf den grünen Bunker ist kostenlos, lediglich eine Taschenkontrolle sorgt für die kurze Warteschlange. Trinkflaschen dürft ihr nicht mitnehmen, aber am „Gipfel“ könnt ihr Getränke kaufen.
Nach einer erfüllten Woche voller Eindrücke und schöner Erlebnissen geht es für mich von Hamburg aus wieder zurück nach Köln. Meine erste Städte-Hopping-Tour geht zu Ende, aber ich freue mich bereits auf die nächste.