Es ist gar nicht so einfach, ihn zu entdecken. Die Wasseroberfläche spiegelt, das Licht ist diffus. Ich starre in diesen kleinen, unscheinbaren Tümpel, irgendwo dort oben am Kirsberg. Und dann plötzlich – bewegt sich da etwas am Grund? Ja! Ein Molch, mit flinken Bewegungen, halb schwebend, halb kriechend. Ich kann nicht anders, ich grinse. Denn ganz ehrlich: Ich habe in meinem Leben noch nie einen Molch gesehen.
Stefanie Peiker, Naturführerin im Montafon, steht neben mir. Sie ist es, die mir den kleinen Kerl zeigt – und plötzlich öffnet sich mit diesem einen Fingerzeig eine ganze Welt. Stefanie kennt hier oben jeden Tümpel, jedes Moospolster, jeden Trampelpfad. Sie ist Teil eines Projekts, das sich dem naturverträglichen Outdoor-Sport verschrieben hat. Wandern, Biken, Skifahren, Natur erleben – aber ohne dabei die Natur zu stören.
Wasserreiches und grünes Montafon
Was hier oben auffällt, ist das Grün: saftig und satt. Das hat nicht nur mit den regelmäßigen Regenfällen zu tun, sondern vor allem mit den unzähligen kleinen Tümpeln und Seen, die sich wie Spiegel über die Bergwiesen und -wälder verteilen. Manche von ihnen sind kaum größer als ein Planschbecken, doch sie leisten Erstaunliches. Gemeinsam mit dem dichten Moospolster, das wie ein Schwamm das Wasser speichert und abgibt, sorgen sie für eine verlässlich feuchte Umgebung – und damit für eine grüne, lebendige Landschaft. Und natürlich sind sie auch Lebensraum. Frösche, Kröten, Molche – alles, was glitschig, selten und ein bisschen geheimnisvoll ist, findet hier ein Zuhause. Für Tiere und Naturfreund:innen gleichermaßen ein wahres Paradies.
Ein Tal mit Geschichte – und vielen Gesichtern
Was das Montafon so besonders macht, ist seine geologische Vielfalt. Das Tal wird eingerahmt von drei unterschiedlichen Gebirgsketten: dem Rätikon mit seinen schroffen Kalkgipfeln, die denen der Dolomiten ähneln, dem Verwall, das geologisch gesehen früher Teil des afrikanischen Kontinents war – einst Meeresboden, heute Gebirge – und der Silvretta, der höchsten und alpinsten Kette, die mit Gletschern und imposanten Gipfeln aufwartet. Diese tektonische Vielfalt spiegelt sich auch im Landschaftsbild wider: grüne Matten, felsige Zacken, blühende Täler.
„bewusst Montafon“ – das ist mehr als ein Slogan. Es ist ein Versprechen: für regionale Qualität, für gelebte Kooperation und für ein achtsames Miteinander zwischen Mensch, Tier und Landschaft. Landwirt:innen, Gastronom:innen und Produzent:innen aus dem ganzen Tal machen hier gemeinsame Sache, um traditionelle Produkte sichtbar zu machen, alte Handwerkstechniken lebendig zu halten und Gästen zu zeigen, wie gut Nachhaltigkeit schmecken kann. Genau dieser Geist begegnet einem auch bei Doris und Harald im Verner‘s: einer liebevoll gestalteten alpinen Genusswelt mir Hofladen und Koch-Event-Location. Hier kann man das Montafon mit allen Sinnen erleben.
Doris verarbeitet die Wolle ihrer über 100 Montafoner Steinschafe zu Kleidung, Accessoires und wärmenden Einlegesohlen. Harald widmet sich derweil den „harten Sachen“: Er braut Bier und brennt Schnaps in unzähligen Varianten – vom Tannenspitzen-Gin bis zum Marillenschnaps. Regionalität zum Anstoßen.
Ein Molch, ein Moospolster, ein Schnapsglas. Was das Montafon ausmacht, hat wenig mit Spektakel zu. Es sind die kleinen Dinge, die hier zählen. Und die Menschen, die sich kümmern. Um ihre Landschaft, ihre Tiere, ihre Zukunft.