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Die Abtei Neumünster im Stadtteil Grund war einst Kloster, dann ein Gefängnis und ist heute ein Kulturzentrum / © Andreas Rayermann

Luxemburg nachhaltig entdecken: Die grüne Felsenstadt

von Katharina Garus

Eine einzigartige geografische Lage und eine Multikulti-Bevölkerung prägen Luxemburg-Stadt. Zu Fuß und mit der Tram lassen sich die vielfältigen Facetten der Stadt bestens entdecken.

Ich hätte nicht gedacht, dass karamellisierter Chicorée so lecker sein kann! Ich sitze im Restaurant „OekoSoph“ in Luxemburg-Stadt und hole mir am Mittagsbuffet eine zweite Portion des Gemüses, das bislang viel zu selten auf meinem Speiseplan stand, wie mich das Genusserlebnis gerade lehrt. Auch von den „Lëtzebuerger Kniddelen“ nehme ich noch einen kleinen Nachschlag. Die Mehlknödel sind schließlich eine luxemburgische Spezialität!

Im OekoSoph kommen so weit wie möglich regionale Biolebensmittel auf den Tisch, wenig Fleisch, dafür umso mehr Gemüse. Küchenchef Lou Steichen führt das Restaurant gemeinsam mit einigen ehrenamtlichen Mitgliedern der Umweltschutzorganisation „Mouvement Ecologique“. Auf der schattigen Terrasse im grünen Stadtteil Pfaffenthal, nur einen Steinwurf vom Flüsschen Alzette entfernt, kann man es wahrlich wunderbar aushalten an diesem warmen Augusttag.

Die Einzigartigkeit der Stadt Luxemburg erlebt man am besten bei einem Spaziergang über den Chemin de la Corniche. Dieser verläuft am Rande der Oberstadt und erlaubt spektakuläre Blicke auf das tiefe Tal der Alzette und den Stadtteil Grund in der Unterstadt. Die Oberstadt ist geprägt von sehenswerten historischen Bauten, darunter der großherzogliche Palast und die gotische Kathedrale „Notre-Dame de Luxembourg“, sowie modernen Einkaufsstraßen und zahlreichen Restaurants. In der Unterstadt geht es beschaulicher und grüner zu.

Mit der Alzette und der Pétrusse zerschneiden gleich zwei tiefe Flusstäler die Stadt. Diese besondere Lage sorgt dafür, dass Luxemburg auf eine lange Festungshistorie zurückblickt. Die in die schroffen Felswände gehauenen Kasematten gehören heute zum UNESCO-Welterbe. Egal, ob man in der Ober- oder der Unterstadt unterwegs ist: Immer wieder hat man grandiose Ausblicke nach unten respektive nach oben. Doch während der Höhenunterschied für Fotomotive durchaus vorteilhaft ist, macht er das Erkunden der Stadt zu Fuß oder mit dem Rad zuweilen mühsam – wären da nicht die drei öffentlichen Aufzüge, die Ober- und Unterstadt miteinander verbinden. Diese bieten eine barrierefreie Möglichkeit, die gut 70 Meter Höhenunterschied zwischen beiden zu überwinden. Besonders beeindruckend ist die Fahrt mit dem Panoramaaufzug in Pfaffenthal. Er bietet nicht nur einen tollen Ausblick auf die Stadt, sondern darf auch mit dem Fahrrad benutzt werden.

Die Stadt wird zum Garten

Am unteren Ausgang bin ich mit Ann Muller verabredet. Eine Dame mit einer Kappe von Union Berlin auf dem Kopf und apfelgrünen Ohrringen kommt auf mich zu. „Wir kennen uns doch!“, sagt Ann freudestrahlend. „Ähm, nein, ich denke nicht. Oder wüsste zumindest nicht woher“, antworte ich etwas verlegen. „Aus Berlin?“, fragt sie und zeigt auf ihre Kappe. Ich schüttle den Kopf. Nein, wir kennen uns bisher wirklich nicht, Ann Muller und ich. Doch nach diesem herzlichen Auftakt fühlt es sich binnen Sekunden anders an.

Ann Muller ist Koordinatorin der LUGA, der „Luxembourg Urban Garden“ – einer Gartenschau, ähnlich wie man sie unter anderem aus Deutschland kennt. Für das Land Luxemburg ist es die erste Gartenschau überhaupt. Sie findet vom 7. Mai bis zum 18. Oktober 2025 mitten im grünen Gürtel der Stadt Luxemburg statt. Einen Satelliten-Standort hat die LUGA außerdem im 30 Kilometer nördlich von Luxemburg-Stadt gelegenen Ettelbrück.

Unter dem Motto „Das Unsichtbare sichtbar machen“ werden im Rahmen der Ausstellung Themen wie Umwelt, Landwirtschaft, Gartenbau, Weinbau, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft, Kunst, Kultur oder nachhaltige Entwicklung dar- und vorgestellt. „Das Unsichtbare sichtbar machen“ muss auch Ann, während sie mich durch das Alzette- und das Pétrusse-Tal führt, um mir die LUGA schon ein knappes Jahr vor dem Veranstaltungsbeginn nahezubringen.
„Hier wird es ein Besucherportal geben“, sagt sie an dem Ort, wo gerade Bagger den Boden vorbereiten. Direkt daneben werden junge Kreative zehn ganz unterschiedliche temporäre Gärten errichten – von einem Keimgarten mit ätherischen Blüten über einen Klanggarten, der Pflanzen mit Musik kombiniert, bis hin zu einem apokalyptischen Garten, der sich mit der Angst vor dem Klimawandel beschäftigt.

Auf vielen anderen kleinen und großen Grünflächen werden zur LUGA spannende Projekte zu sehen sein. Und der Tradition Luxemburgs folgend, findet die Gartenschau auch unterirdisch statt: In einem alten Wasserkanal unter der Hauptstadt wird es eine Klanginstallation geben. Schon jetzt lagern unter der „Kinnekswiss“, der Königswiese im Stadtpark, 6.000 Flaschen Crémant. Dafür hätten sich erstmals alle drei Winzervereinigungen Luxemburgs zusammengetan, erzählt mir Ann, und den „Millésime Crémant LUGA“ kreiert. Fachmännisch temperiert reift er seit Juni 2023 in den Kasematten-Gewölben der Stadt. Zur Eröffnung der LUGA wird feierlich der erste Korken dieses Jahrgangs-Cuvée knallen. Dann kann das „besondere Bouquet unserer Hauptstadt und der LUGA“ verkostet werden, heißt es vollmundig auf der Veranstaltungswebsite.

Eine Fahrt mit der Tram

Und praktisch: Wer bei seinem Aufenthalt in Luxemburg tatsächlich den ein oder anderen Schluck Alkohol trinken mag, der muss sich bestimmt keine Gedanken zum Thema Autofahren machen. Denn im ganzen Land ist der ÖPNV kostenlos! Das gilt auch für die Busse, die Tram und die Standseilbahn der Stadt Luxemburg. Wenn Ann Muller nach einem Urlaub zurück in ihre Heimatstadt kommt, fährt sie gerne einmal einfach so von der einen Endhaltestelle der Tram zur anderen. Einmal vom Stadion im Süden der Stadt hinüber in den Westen, nach Kirchberg. So wäre sie sofort wieder mittendrin in der Vielfalt Luxemburgs.

„In den 70er-Jahren habe ich Luxemburg verlassen. Die Stadt war ein piefiges Dorf, ich musste einfach weg“, erzählt Ann. Doch seitdem ist wahnsinnig viel passiert, die Stadt hat sich zu einer modernen europäischen Metropole entwickelt – unter anderem wegen ihrer europapolitischen Bedeutung. Bei einer Fahrt mit der Tram entdeckt man: Auch aktuell erfindet sich Luxemburg wieder einmal neu. Vor allem im Süden wird gebuddelt und gebaggert – an einem riesigen Park, an modernen Wohnvierteln und an zukunftsweisenden Industriegebieten. Weiter nördlich, rund um den Bahnhof und in der Oberstadt, pulsiert das moderne Großstadtleben. Hier geht man shoppen, essen oder feiern.

Sobald die Tram die Großherzogin-Charlotte-Brücke überquert – oder die „Rote Brücke“, wie die Luxemburger*innen sie nennen – ist man auf dem Plateau Kirchberg angekommen. Das Viertel ist geprägt von Architektur, Kunst und Politik. Das Museum für moderne Kunst „Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean“ (MUDAM) wurde entworfen vom Architekten der Glaspyramide vor dem Pariser Louvre. Die Philharmonie direkt nebenan beeindruckt mit ihren 823 Säulen und elliptischen Formen. Und als einer der drei Sitze der Europäischen Union sind in Kirchberg der Europäische Gerichtshof, der Europäische Rechnungshof und die Europäische Investitionsbank ansässig.

Internationaler Schmelztiegel

Letztere sind ein Grund dafür, dass in Luxemburg standardmäßig Gespräche in mindestens zwei Sprachen geführt werden. Auch ich checke im Hotel zunächst auf Französisch ein. Irgendwann redet die Rezeptionistin Englisch mit mir und am Ende landen wir doch beim Deutschen. Ich entschuldige mich für das Durcheinander – und ernte nur ein Abwinken. In Luxemburg spricht gefühlt jede und jeder alles. Egal, in welcher Sprache man jemanden anspricht, es ist nie falsch. Egal, wo man ist, es dringt eigentlich nie nur eine Sprache ans Ohr.

Am schönsten unter all den Sprachen bleibt für mich persönlich das Lëtzeburgische. Neben dem Französischen und dem Deutschen ist es eine der drei offiziellen Amtssprachen des Landes. Lëtzeburgisch ist eine moselfränkische Sprachvarietät und damit zumindest für Rheinländer wie mich halbwegs zu verstehen. Es hat die weichen, runden Klänge des Französischen und die Bodenständigkeit des Deutschen. In den kurzen, knappen Silben schwingt eine lebendige Leichtigkeit. Lëtzeburgisch klingt herzlich und vertraulich.

Etwa 50 bis 60 Prozent der Einwohner*innen Luxemburgs sprechen Lëtzeburgisch. Viele der Zugereisten aus aller Herren Länder sprechen vor allem Französisch, Englisch oder Portugiesisch. Solch eine hörbare Internationalität – nicht in erster Linie durch Tourist*innen, sondern durch Einwohner*innen – kenne ich aus keiner anderen Stadt. Ich genieße das entspannte Lebensgefühl und die angenehme multikulturelle Atmosphäre. Der Besuch in Luxemburg-Stadt ist für mich nicht nur eine Reise ins Herz Europas, sondern auch eine kleine Reise einmal quer durch Europa - und darüber hinaus, denn auch das Arabische hat Einzug in die Stadt gehalten.

Zum Beispiel im „Chiche!“. Das Restaurant ist das Herzensprojekt von Marianne Donven. Sie hat es 2017 gegründet und stellt ausschließlich Asylsuchende ein. Und zwar so erfolgreich, dass sie inzwischen sechs Restaurants und zwei Food-Trucks betreibt und 72 Flüchtlinge beschäftigt. „Die Liste der Bewerber*innen ist riesig. Und sobald ich es mir nur halbwegs leisten kann, stelle ich jemand Neuen ein“, erzählt sie mir, während ich gebratene Bulgurkugeln mit Pinienkernfüllung und Miniauberginen mit Walnüssen esse. Die Küche des „Chiche!“ ist vorwiegend syrisch-libanesisch. Doch die wachsende multikulturelle Belegschaft des Restaurants, die die Vielfalt des Landes widerspiegelt,  schlägt sich auch auf der Speisekarte nieder: Zum Nachtisch und Abschluss meiner Luxemburg-Reise esse ich ukrainischen Honigkuchen.

Anreise & Mobilität

Der ÖPNV ist im gesamten Land kostenlos. Von Deutschland aus erreicht man Luxemburg-Stadt mit der Bahn ohne Umstieg von Koblenz und Trier aus. Wer die Stadt mit dem Rad entdecken möchte, kann das städtische Leihradsystem „velÒH!“ nutzen.

Sehenswürdigkeiten & Museen

Übernachten

  • Jugendherberge: zentral gelegen im Stadtteil Pfaffenthal
  • Hotels diverser Kategorien

Essen & Trinken

  • OekoSoph: Slowfood mit Schwerpunkt auf vegetarischen und regionalen Zutaten
  • Chiche!: syrisch-libanesische Küche
  • Mesa Verde: das erste fleischfreie Restaurant Luxemburgs
  • Beet: vegetarische & vegane Küche
  • Café Konrad: der beste Karottenkuchen der Stadt
  • Bar BAC: Ausschließlich alkoholische Getränke aus Luxemburg

Weitere Informationen

 

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