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Eingeschneite Kirche in winterlicher Berglandschaft, im Vodergrund drei Langläufer

Perfekte Bedingungen vor perfekter Kulisse: die Loipen am Seekirchl in Seefeld / © Region Seefeld, Stephan Elsler

Langlaufurlaub in Seefeld: Schmale Bretter, breites Grinsen

von Katharina Garus

Langlaufen wird als Wintersportart immer beliebter. Nicht ohne Grund, denn der Sport ist gesund und deutlich nachhaltiger als das Alpinskifahren.

Es ist pures Glück! Schneebedeckte Berge, Bäume und Häuser. Kalte, frische Wangen. Nur das Knirschen des Schnees und der eigene Atem unterbrechen die Stille. Die Helligkeit. Der Geruch des Winters. Das Gleiten oder besser Tanzen auf den Skiern. Wie habe ich es vermisst! Es ist einfach nur traumhaft!

Ich bin zurück in Leutasch in Tirol und schiebe mich für diesen Winter zum ersten Mal durch die frisch gespurten Loipen. Am Vorabend bin ich mit Zug und Bus angekommen. Um zwölf Uhr in Köln in den ICE gestiegen, war ich nach einem Umstieg in München keine sieben Stunden später in Seefeld in Tirol. Der Bus nach Leutasch stand schon parat, sodass ich den ersten Blick auf die schneebedeckten Berge nur kurz genießen konnte. Pünktlich zum Abendessen hatte ich im Hotel eingecheckt.

Heute soll es noch ein bisschen schneien, für die weiteren Tage ist pure Sonne vorhergesagt. Das verspricht einen Winterurlaub vom Feinsten. Um mit der ungewohnten Sportart wieder warm zu werden, lasse ich es am ersten Tag geruhsam angehen. Erstmal muss ich mich wieder an die schmalen Bretter und die damit verbundenen Herausforderungen an den Gleichgewichtssinn gewöhnen. Es ist durchaus sinnvoll, sich mit einer gewissen Vorsicht ins Langlauf­abenteuer zu stürzen. Denn die Sportart ist zwar grundsätzlich gelenkschonend und wenig verletzungsanfällig. Das gilt aber nur, solange man nicht den Schnee küsst. Denn jeder Sturz birgt natürlich ein gewisses Verletzungsrisiko. Pflugfahren und einen Ski aus der Spur nehmen, um zu bremsen, sollte man daher schon beherrschen, sonst landet man bei einer der Straßenunterführungen schneller auf der Nase oder im Gegenverkehr, als einem lieb ist. Von den Abfahrten auf den anspruchsvolleren Loipen ganz zu schweigen.

Am Nachmittag mache ich einen Ausflug nach Seefeld – dank Gästekarte "Plateaucard" kostenlos mit dem Bus. Seefeld ist das pulsierende Zentrum der Region. Die Lage zwischen Innsbruck und Telfs sowie die gute Erreichbarkeit von München aus begünstigte die Entwicklung zur beliebten Urlaubsdestination – vor allem für Wintersportler*innen. 1964 und 1976, als die Olympischen Winterspiele jeweils in Innsbruck stattfanden, wurden in Seefeld die nordischen Disziplinen ausgetragen.

Ich trinke einen Kaffee im Café Nannis direkt am Dorfplatz und schlendere dann ein bisschen durch den Ort. Auch außerhalb der Ferien und damit der Haupttouristenzeit ist hier einiges los. Nach der wunderbaren Ruhe in der Loipe ist mir der Trubel fast ein bisschen zu viel und der Ort scheint mir persönlich auch ein bisschen zu mondän. Aber wer den Winterurlaub auch mit Alpinskifahren verbinden möchte, für den ist Seefeld die bessere Basis. Mich aber zieht es zurück ins beschauliche Leutasch. Auch, wenn ich schon am nächsten Tag nach Seefeld zurückkehren werde. Aber auf anderen Wegen.

Loipen aller Klassen

Das Loipennetz in der Region ist riesig. 245 präparierte Loipenkilometer bieten für jede und jeden etwas, egal ob Anfänger oder Profi, egal ob klassisch oder Skating (siehe rechte Spalte). Im breiten Tal der Leutascher Ache kann man auf blauen Loipen entspannt durch die weite Winterlandschaft gleiten. Hinauf aufs Plateau zwischen Hochmoos und Wildmoos wird es dann schon anspruchsvoller. Und rund um Seefeld schließlich lassen die Weltcuploipen keine Wünsche offen – selbst für gestandenen Profis. Mein Plan für heute: übers Hochplateau von Leutasch nach Seefeld skaten und anschließend mit dem Bus zurückfahren.

Da ich also noch einiges vorhabe, bin ich dankbar, dass der Tag mit der blauen Alpenbad-Loipe das Tal hinauf Richtung Rödlach erstmal gemütlich losgeht. Doch dann wird es anstrengend – und bezaubernd schön. Auch wenn selbst im Tal nicht viel los war, ein bisschen weiter raus, und man ist gefühlt allein. Allein mit sich, dem Wald, dem Schnee, der Ruhe. Ein Eichhörnchen springt über die Loipe. Mein Atem wird hörbar lauter, doch die Anstrengung fühlt sich gut an. Mir wird warm – selbst die Finger – und ich setze einen Ski vor den anderen. Beine, Arme, Beine, Arme – ich finde meinen Rhythmus. Die gleichförmige Bewegung lässt mich entspannen – nicht in den Muskeln, aber im Kopf. Einfach mal an gar nichts denken. Außer: Beine, Arme, Beine, Arme. Irgendwann läuft auch das automatisch.

Der Wald lichtet sich. Eine unberührte weiße Schneedecke begrüßt mich auf einem Zwischenplateau. Voll wissender Vorfreude ziert ein breites Grinsen mein Gesicht. Wenig später erblicke ich die kleine Hütte am Wegesrand. Ich schnalle die Skier ab und setze mich an einen der wenigen Tische in der Hütte. Der freundliche Wirt der Muggenmoos­alm empfiehlt mir den Topfenstrudel mit Blaubeeren. Große Überredungskünste braucht er nicht. Ich willige schnell ein. Den Topfenstrudel wenig später vor mir auf dem Teller, bin ich gefühlt der glücklichste Mensch der Welt.

Winterliches Treiben

Den süßen Genuss im Magen und die Beine schon ein bisschen schwer, fällt es mir gar nicht so leicht, mich anschließend wieder auf den Weg zu machen. Aber ich habe noch einiges vor mir. Schließlich muss ich, um nach Seefeld zu kommen, noch übers Hochplateau. Deswegen lasse ich auch die Lottenseehütte ein paar Kilometer später links liegen. Der Kaiserschmarren dort ist aber nur aufgeschoben, nicht aufgehoben, verspreche ich mir. Denn zu schön habe ich meinen letzten Besuch dort in Erinnerung, als mich ein Harfenspieler vor der Hütte begrüßte und Huskys bellend darauf warteten, sich beim Schlittenziehen auszutoben.

Inzwischen sehe ich Seefeld schon vor mir liegen. Doch es heißt noch einmal, alle Sinne zusammenzunehmen, denn nur die schwarze Wildmoosloipe bringt einen hinunter in den Ort. Ich erwehre mich also der Müdigkeit und sause konzentriert hinunter nach Seefeld. Der Fahrtwind pfeift mir ins Gesicht und um die Ohren. Ich liebe die Geschwindigkeit! „In den Kurven sauber umtreten“, sage ich mir. Zisch, da saust ein Profi an mir vorbei. Zumindest lassen Geschwindigkeit und Outfit darauf schließen, dass es sich nicht unbedingt um einen Hobbyläufer handelt.

Unten in der WM-Arena fühle ich mich dann selbst fast wie eine Profisportlerin. Am Schießstand trainiert der Biathlon-Nachwuchs, auf den Sprung­schanzen die Könige der Lüfte und dazwischen ich, mit müden Beinen, aber einem glücklichen Herzen.

Diese wohltuende Müdigkeit leistet mir den ganzen Abend über Gesellschaft. Und so beschließe ich, zurück in Leutasch, den Tag im Alpenbad entspannt ausklingen zu lassen. Vier Saunen stehen dort zur Verfügung. Dazu ein 34 Grad warmes Relax-Becken outdoor unterm Sternenhimmel. Das warme Wasser verdampft in der kalten Abendluft. Über mir die Sterne, unter mir die Massagedüsen. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich mit geschlossenen Augen genießen oder die weiß leuch­tenden umgebenden Berggipfel bewundern soll.

Den Muskelkater am nächsten Tag aber kann auch die Sauna nicht verhindern. Meine Adduktoren und mein Schultergürtel werden noch länger etwas haben vom gestrigen Tag. Nicht ganz zufällig erinnere ich mich an meine Kindheit, wo in der Sendung „Tele-Ski“ im Bayerischen Rundfunk regelmäßig Skigrößen wie Rosi Mittermaier oder Hansi Hinterseer den Vorturner gaben. In meinem jugendlichen Leichtsinn damals belächelt, hätte eine ähnliche Vorbereitung heute durchaus Sinn gemacht.

Alternativprogramm

Aber so komme ich eben nicht nur in den Genuss des ausgedehnten Loipennetzes, sondern auch des nicht minder guten und umfangreichen Winterwanderwegenetzes. 142 Kilometer geräumte und beschilderte Winterwanderwege stehen zur Verfügung. Über die Wege sind auch Highlights wie die Aussichtsplattformen am Brunschkopf und am Kurblhang sowie die Leutascher Geisterklamm zu erreichen.

Selbst bei meinem auf den ersten Blick unspektakulären Abendspaziergang um den Weidachsee wird mir warm ums Herz. Der als Forellenteich genutzte See liegt hell im Licht des Fast-Vollmondes. Der reflektierende Schnee sorgt selbst im Wald für ausreichend Helligkeit, um ohne Lampe unterwegs sein zu können. Unter der Oberfläche des Sees sehe ich einzelne Forellen still im Wasser stehen. Als könne man einfach nach ihnen greifen. Aber besser ist dann doch eine der Räucherspezialitäten aus dem Automaten der benachbarten Fischerei. Dort nehme ich mir eine Forelle für zu Hause mit.

Am nächsten Tag muss ich mich schon wieder auf den Heimweg machen. Als ich in Seefeld aus dem Bus steige, fragt mich der Fahrer: „Aber sie kommen doch wieder in unser schönes Tal, oder?“ Ja gewiss, ich komme wieder.

Eine Sportart, zwei Techniken

Langlaufen kann man in zwei Technikvarianten: im klassischen Stil oder in der Skatingtechnik. Während man klassisch die Skier parallel in der gespurten Loipe führt, bewegt man sich beim Skating im Schlittschuhschritt neben der Spur. Skier und Schuhe für die beiden Techniken sind unterschiedlich. Man muss sich also im Voraus für eine Technik entscheiden.

Grundsätzlich sind beide Techniken für jeden geeignet und erlernbar. Der Skatingstil wird oft von sportlicheren Personen bevorzugt, da er deutlich anstrengender ist. Die klassische Technik kann zwar auch sehr sportlich ausgeführt werden, bietet aber eher die Möglichkeit, auch gemütlich unterwegs zu sein – solange es nicht bergauf geht. Dann wird es immer anstrengend.

Wer noch nie auf Langlaufskiern stand, bucht am besten einen Trainer oder schließt sich einem Kurs an. Das gilt vor allem für die Skatingtechnik, bei der die Koordination von Stöcken, Skiern und Gleichgewicht auch für sportlich talentierte Personen durchaus eine Herausforderung ist. Aber auch in der klassischen Technik wird man nach ein paar Tipps vom Profi schneller Spaß an diesem Sport haben.