Auf jeden Fall mit Moskitonetz!“, empfiehlt der Verkäufer im Outdoor-Geschäft. Glaubt man dem jungen Mann, ist eine Nacht im Wald in der Hängematte ohne Moskitonetz der pure Alptraum – und kalt: „Unbedingt eine Isomatte zum Reinlegen mitnehmen“, sagt er. „Sonst kannst du gleich auf dem kalten Boden schlafen.“ In der Hängematte unter freiem Himmel schlafen, die klare Herbstluft genießen und für ein paar Stunden ganz raus sein aus dem Alltag. Das unmittelbare Naturerlebnis mit einer Prise Abenteuer verbinden – das ist der Plan.
Nach ausführlicher Beratung und nicht unerheblicher Investition verlasse ich den Laden mit zwei tipptopp Hängematten inklusive Moskitonetz und Aufhängungsgurten. Isomatten und Schlafsäcke haben wir zum Glück bereits – und auch das für die Expedition nötige Fahrrad mit geräumigen Packtaschen, um alles zu transportieren. Zum Einbruch der Dunkelheit haben wir den perfekten Ort gefunden: ein kleines Waldstück ab vom Weg, das einigermaßen versteckt liegt, aber dennoch gut mit den Rädern zu erreichen ist.
Die Nacht bricht an
Es wird bereits dunkel, als wir die Hängematten fachgerecht zwischen den Bäumen vertäuen. Aber dann ist alles an seinem Platz: die Hängematte in der richtigen Höhe, die Isomatte in der Hängematte, der Schlafsack auf der Isomatte, darüber das Moskitonetz, das sich bequem mit einem Reißverschluss schließen lässt. Es dauert einen Moment, bis ich die empfohlene diagonale Liegeposition gefunden habe. Das viele Nylongewebe macht beim Hin-und-her-Drehen erhebliche Geräusche, die in der Dunkelheit im Wald klingen wie durch Lautsprecher übertragen.
Aber dann: endlich Stille und die Kronen der Bäume hoch über mir. Sie zeichnen sich als dunkle Schatten vor dem helleren Himmel ab und ich bin überrascht, wie viel man trotz der Dunkelheit sehen kann. Gut, das Moskitonetz stört, aber trotzdem fühle ich mich deutlich weniger gefangen als in einem Zelt. Dass Blätter und Nadeln mir nicht direkt ins Gesicht fallen, ist tatsächlich ein Vorteil. Und auch die Isomatte bewährt sich, da es von unten empfindlich frisch wird.
Ein Schuss zerreißt die Stille
Was für eine Nacht! Die Aufregung legt sich, der Wald mit seinen Schattenspielen und Geräuschen zieht mich in seinen Bann. Ich genieße das sanfte Gewiegtwerden und … wäre fast eingeschlafen. Da zerreißt ganz in der Nähe ein Schuss die Stille. Schockstarr liege ich in der Hängematte. Mein Herz rast. Der Abenteuerfaktor ist von einem Moment auf den anderen um 800 Prozent gestiegen. Anscheinend hat von uns unbemerkt ein*e Jäger*in den Hochstand am Waldrand bezogen. Ob die Person wirklich jagt oder sich einen Spaß daraus macht, die nervigen Outdoor-Romantiker*innen zu erschrecken? Wir werden es nicht erfahren.
Nach einem Moment des Zögerns machen wir alle Taschenlampen an, die wir mithaben, um bloß nicht für Wildschweine gehalten zu werden, und treten den ungeordneten Rückzug an. Als wir aus dem Wald kommen, bestaunen wir den fantastischen Sternenhimmel über uns. Die Nacht ist so klar, dass man die Milchstraße sehen kann. Ganz langsam radeln wir Richtung Heimat. Eine Nacht, die wir so schnell nicht vergessen werden. Das mit dem Schlafen in der Hängematte üben wir noch.