Wonach suchst du?

Zwei Radfahrer in einer Alstadt

Radfahren durch idyllische Orte im Osnabrücker Land / © Klaus Herzmann

Entlang der Hase durch das Osnabrücker Land

von Regine Gwinner

Von versteckten Genüssen und entschleunigten Glücksmomenten

Gerade waren wir noch mitten im hell erleuchteten Ort, dann sind wir mit den Rädern auf eine ruhige Nebenstraße abgebogen und plötzlich ist es dunkel um uns herum. Irgendwo hier muss die historische Windmühle stehen, an der wir auf der Hinfahrt zum Restaurant „Alte Küsterei“1 in Wallenhorst vorbeigekommen sind. Wir ahnen sie mehr, als dass wir sie in der Dunkelheit sehen können. Dafür entdecken wir plötzlich die Milchstraße über uns am klaren Sternenhimmel. Wir stellen die Räder ab, legen uns auf die Wiese neben der Mühle und genießen den unerwarteten Anblick. Trotz herbstlich frischer Nachtluft ist uns wohlig warm vom köstlichen Essen, das uns Norbert und Christa Stubenreich an diesem Abend in der „Alten Küsterei“ serviert haben. Auch die besonderen Weine, Geheimtipps aus europäischen Kellern, die wir genossen haben, tragen zu diesem ungeplanten Glücksmoment bei.

Radeln mit Genuss

Genussradeln im Osnabrücker Land: Das sind immer wieder Momente, in denen alles stimmt und die ohne das Fahrrad als entschleunigtes Transportmittel nicht zustande kämen. In Fahrradgeschwindigkeit, mit offenen Augen und viel Neugierde bewegen wir uns durch die Landschaft. Vom Emsland her kommend radeln wir an der Hase entlang mitten hinein ins Artland. Heute noch ist die Gegend geprägt von Moorlandschaft, dem Fluss und seinen vielen Nebenarmen und von vielen Deichen, Rückhalteseen und Flußauen, mit denen sich die Bevölkerung vor drohenden Überschwemmungen schützt.

Die stattlichen historischen Fachwerkhöfe liegen oft weit voneinander entfernt – eben da, wo der Untergrund fest genug war, um zu bauen, ohne im sumpfigen Gelände zu versinken. So bot das Artland schon immer viel Platz für Menschen, die etwas Neues, Eigenes auf die Beine stellen und dabei auch mal unkonventionelle Wege gehen wollten.

Das erklärt vielleicht die hohe Dichte an Biobetrieben, die das Artland im Vergleich zu den Nachbarkreisen hat, und die köstlichen Produkte aus der Region, die man auf den Märkten zwischen Quakenbrück und Osnabrück findet. Wer sich mit dem Rad durch die Region treiben lässt und rechts und links des Wegs den oft sehr unscheinbaren Hinweisen auf Mühlen, Hofcafés, Hofläden oder Restaurants folgt, trifft auf tatkräftige Menschen, die wissen, was sie wollen, und die die Möglichkeiten nutzen, die die Region ihnen bietet.

Raus aufs Land

So wie Gaby und Klemens Schröder, die in ihrer Backstube auf dem Wieruper Hof in Menslage seit vielen Jahren erfolgreich köstliches Biobackwerk herstellen.

Es dauert ein bisschen, bis wir das Hinweisschild zum Hof und die richtige Abzweigung finden. Aus dem Hofladen duftet es vielversprechend. Direkt an der Tür lagern dicht übereinander mehrere große Bleche mit Zimtschnecken und Rosinenbrötchen, daneben Regale voller Kastenbroten und gegenüber goldgelbe Weißbrot-, Baguette- und Ciabatta-Varianten.

Als die Schröders den Hof in den 90er Jahren kauften, war der Plan ein anderer: raus aufs Land, Platz haben für die Familie, landwirtschaftliche Selbstversorgung, Brot aus eigenem Getreide backen. Klemens Schröder sieht immer noch ein bisschen verwundert aus, wenn er erzählt, wie sich aus dem Backen für den Eigenbedarf nach und nach ein Biobetrieb mit zehn Mitarbeiter*innen entwickelt hat. Das Getreide baut er längst nicht mehr selbst an, sondern bezieht es von Öko- oder Biolandwirten aus der Nachbarschaft. Er mahlt aber selbst und ist stolz darauf, dass jedes Brötchen und jedes Brot noch per Hand und nicht maschinell abgewogen und geformt werden.

Manche Kund*innen holen sich das gute Brot in großen Körben direkt ab Bäckerei ab. Der Großteil wird jedoch auf den Märkten in der Region verkauft.
Zum Beispiel in Quakenbrück. Von alters her ist das schmucke Städtchen an der Hase ein wichtiger Handesplatz in der Region. Nicht nur Getreide und Vieh wechselten hier ihre Besitzer. Die Stadt war dank ihrer Lage am Fluss einer der größten Weinumschlagplätze des Nordens. In mehreren der schönen großen Fachwerkbauten residieren auch heute noch Weinhandlungen, in denen so mancher edle Tropfen zu finden ist.

Kleiner Fluss, große Bedeutung

Als wir weiter an der Hase lang Richtung Osnabrück radeln, schauen wir auf den kleinen Fluss und fragen uns, wie die riesigen, über Nordsee und Ems herangeschafften Weinfässer früher hier wohl transportiert wurden. Dass heute der Mittellandkanal parallel zur Hase läuft, unterstreicht die Bedeutung, die die Route mal gehabt haben muss. An diesem sonnigen Samstagnachmittag sind heute vor allem Wassersportler*innen und Freizeitkapitän*innen unterwegs – mit Ruderbooten, Kajaks, Stand-up-Boards oder mit Rädern auf dem Uferradweg.

Der Weg zum Abendessen führt wieder an der Hase entlang in den Osten von Osnabrück. Wie im Artland halten sich die guten Adressen auch hier ganz bescheiden versteckt. Man muss schon wissen, wonach man sucht, um das Restaurant IKO im Hinterhof einer klassischen Einfamilienhaus-Wohnstraße zu entdecken. Hat man den IKO-Space aber erst mal betreten, ist man in einer eigenen und sehr überzeugenden kleinen Welt. Küchenchef Tom Elstermeyer hat hier mit seinem Team eine Atmosphäre geschaffen, die stilvoll, aber gleichzeitig auch entspannt und anregend ist.

Das Allerschönste im Restaurant sind die Teller und Schalen, die Tom Elstermeyer selbst töpfert. Das Parfait kommt in einer tiefblauen Keramikschale an den Tisch, köstliche gelbe Biokartoffeln liegen drapiert auf einem champignonförmigen braun-gelb glasierten Tongebilde. Der Mann ist nicht nur in der Küche ein Künstler.

Kunst und Küche

Die Köche kombinieren lokale Produkte mit internationaler Zubereitung und wurden dafür 2023 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Elstermeyer und sein Team kochen Gerichte aus Indien, Asien und Südamerika mit Zutaten aus Bramsche, Quakenbrück oder Melle. Auf der Weinkarte finden sich viele köstliche Bioweine. Die sind zwar sicher nicht klimaschonend die Hase hoch transportiert worden, aber sie stehen für ein klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit, das sich auch in vielen anderen Bereichen des Restaurants wiederfindet – zum Beispiel bei der Verwendung von Bioprodukten. Wieder ist es spät, als wir nach dem Essen auf die Räder steigen und langsam zurückradeln zum Hotel. Statt der Sterne sind es diesmal die Lichter der Stadt, die den Weg weisen.

 

1) Die Bereisung für diesen Artikel fand 2019 statt. Inzwischen heißt das Restaurant „Die Küsterei“. Ein neuer Pächter bietet dort feine Küche auf hohem Niveau.

 

 

Mehr Informationen

Gut essen und trinken im Artland: Das Artland nördlich von Osnabrück ist nicht nur für seine Backsteinarchitektur berühmt, sondern auch für idyllische Hofcafés und engagierte Biobetriebe.

Backstube und Markttage: www.wieruper-hof.de

In und um Osnabrück gibt es zahlreiche Restaurants mit ganz unterschiedlichen Konzepten und hervorragender Küche – natürlich alle mit dem Rad erreichbar. Küche auf Sterneniveau zu angemessenen Preisen:

Das Restaurant IKO in Osnabrück ist jung, frech und ein bisschen verrückt. Die internationale Küche ist hervorragend und unkonventionell. Viele Produkte sind bio und regional. Die Weinkarte mixt Klassiker mit experimentellen Weinen von jungen deutschen Winzern:
www.iko-restaurant.de

Kunst, Küche und Kuchen kombiniert das schöne Restaurant Wilde Triebe am Sutthauser Bahnhof etwas außerhalb von Osnabrück. Hier kann man schlemmen oder im schönen Gartencafé Kuchen und Kunstwerke genießen:
www.wilde-triebe.de

Alles Weitere: www.osnabruecker-land.de