Die Sonne brennt hell vom Himmel, als ich mir an diesem Abend im August meinen Weg durch den Kieler Ostuferhafen bahne, vorbei an Autos und Lkw. Sie haben dasselbe Ziel wie ich: Die DFDS-Fähre nach Klaipėda in Litauen. Mit jedem Schritt steigt das Bauchkribbeln: Zwanzig Stunden Fährfahrt liegen vor mir, und so richtig weiß ich nicht, was mich erwartet.
20 Stunden Abenteuer Fährfahrt
Beim Check-in zeige ich meinen Personalausweis vor und bekomme eine Schlüsselkarte ausgehändigt, mit der ich später meine Kabine an Bord öffnen kann. Und dann heißt es warten: Der Shuttle, der die Fußpassagiere über das Hafengelände zum Schiff bringt, fährt erst in anderthalb Stunden.
An Bord angekommen, suche ich als Erstes meine Kabine – ich habe ein Bett in einer Vierer-Frauenkabine gebucht. Doch als ich die Tür öffne, sind nur zwei der vier Betten gemacht. Der Blick aus dem Fenster führt auf ein kleines Außendeck mit Picknicktischen, also stelle ich schnell meinen großen Rucksack ab und mache mich auf, das Schiff zu erkunden. Als wir gegen 21.45 Uhr den Hafen verlassen, stehe ich auf dem leeren Oberdeck, werfe einen letzten Blick auf die Küste und wende mich dann der Ostsee zu. Endlich unterwegs!
Am nächsten Morgen anderswo
Später trägt mich das stetige Brummen des Schiffsmotors in den Schlaf. Meine Zimmernachbarin habe ich noch nicht gesehen, auch wenn ihr Gepäck inzwischen in der Kabine aufgetaucht ist. Als ich am nächsten Morgen voller Tatendrang aufstehe, schläft sie noch. Ich lasse das Licht aus und schleiche mich leise nach draußen. Auf dem Oberdeck bläst ein kräftiger Wind, die Sonne scheint, es riecht nach Meer (und Schiffsdiesel).
Beim Frühstücksbuffet bin ich begeistert von der großen und leckeren Auswahl. Vor mir in der Schlange schaufeln sich die Lkw-Fahrer ihre Teller mit Rührei, Speck und Würstchen voll, und vor der Kaffeemaschine hat sich eine lange Schlange gebildet. Familien mit (kleinen) Kindern, Paare jeden Alters und auch die Mitglieder der Senioren-Busreisegruppe, die eine Rundreise durchs Baltikum machen wollen: Fast alle Passagiere sind zum Frühstück gekommen. Den Tag über laufe ich ihnen immer wieder über den Weg. Nur eine sehe ich die ganze Reise lang nicht: meine Kabinennachbarin. Als ich nach dem Frühstück das Bad in unserer Kabine benutze, schläft sie immer noch. Als ich am Nachmittag zurückkomme, sind sie und ihr Gepäck schon verschwunden.
Die Ostsee immer im Blick, den Fahrtwind in den Haaren
Ich verbringe den Tag draußen, stecke die Nase in mein Buch, mache Sudokus, höre Podcasts und erfreue mich zwischendurch immer wieder an der Aussicht auf die endlos scheinende Ostsee und das Spiel von Licht und Wolken auf den Wellen. Zwischendurch gönne ich meiner Haut eine Pause von Wind und Sonne und trinke drinnen im Café einen Eiskaffee. Und endlich, gegen 18 Uhr, kommt Land in Sicht! Gemächlich tuckert die Fähre vorbei an der Kurischen Nehrung und in den Hafen von Klaipėda. Beim ersten Blick auf den Ostseestrand kann ich nicht aufhören zu grinsen, und ich weiß: Zwei wundervolle Urlaubswochen in Litauen und Lettland liegen vor mir.