Wonach suchst du?

Hängematten weit oben in den Bäumen

Unsere Autorin wagt den Tarzanversuch: Sie übernachtet in den Baumkronen mitten im Wald des Lubéron. Eine Herausforderung für Muskeln und Schwindelfreiheit. Und ein ganz besonderes Naturerlebnis. / © Helgard Below

In Tarzans Bett

Wildnisnächte in den Wipfeln der Provence – Baumklettern und Wipfelschlafen im Naturpark Lubéron

Die Tiere des Waldes scheinen sich um unser improvisiertes Baumhotel – zwei Hängematten in den Wipfeln – zu versammeln: Erst grunzen Wildschweine. Ich schlafe wieder ein. Dann bellt ein Rehbock. Ich drehe mich vorsichtig vom Rücken auf die Seite und schlafe wieder ein. In der Ferne schreit ein unbekanntes Tier. Oder ist es ein Mensch? Ich drehe mich auf die andere Seite und schlafe weiter. Plötzlich springt ein Tier auf die Hängematte und ist schon wieder in der Krone verschwunden. Iris Hart hat es am Piepsen erkannt. "Die frechen Siebenschläfer trauen sich als Einzige in unsere Nähe", flüstert sie. Dann schlafe ich ohne weitere Unterbrechung bis zum Sonnenaufgang.

Erste Höhenerlebnisse: Am Nachmittag zuvor: Iris Hart führt mich im Naturpark Lubéron in der Provence nördlich von Marseille in die Baumklettertechnik ein. Sie sichert mich mit Seil und Gurt und ich klettere wie ein Eichhörnchen von Ast zu Ast in die Buchen. Nicht in einem Hochseilgarten, sondern mitten im Wald, nur mit Seilen und einer Strickleiter als Hilfsmittel.

Der erste Baum ist einfach, der zweite etwas schwieriger und der dritte hat größere Astlücken. Oben in den Wipfeln genieße ich den Wald aus der Vogelperspektive. Den Ausblick auf Lavendelfelder, die schroffen Kalkhänge der Montagne de Lure und den Mont Ventoux, den höchsten Gipfel der Provence. Runter gehts so schnell wie in einem Lift. Ich muss mich voller Vertrauen in den Gurt fallen lassen. Iris Hart seilt mich ab.

Die Traumleine

Seit über zehn Jahren betreibt die sportliche Mittdreißigerin das Baumklettern als Beruf. In einer mehrwöchigen Ausbildung lernte sie die Kletter- und Sicherheitsmethoden. Jugendgruppen und Familien führt sie in die Baumkronen. "Sie lernen, sich gegenseitig zu sichern und zu vertrauen", sagt Iris, "das ist ein prima Teamtraining." Nur die wenigsten wollen auch in einer Hängematte hoch im Baum übernachten. Ich will es versuchen. Wie weit oben ich schlafen werde, will Iris mir nicht verraten. Auch nicht, wie ich beim Träumen gesichert bin. Ob die Hängematte oben zugetackert wird?

Ab in den Schlafbaum: Zunächst muss ich eine neue Technik erlernen: das Klettern nur mit Seil. Denn die Schlafbäume haben kaum Äste. Mit einer Schlaufe hängt mein Gurt am Seil, in der anderen steckt ein Fuß. Ich drücke mein Bein durch, katapultiere den Körper nach oben, schiebe die obere Schlaufe weiter, hänge mich in den Gurt, ziehe die untere Schlaufe nach. Es ist anstrengend wie Krafttraining. So robbe ich in einen Baum und Iris etwa drei Meter entfernt in einen zweiten. Vorher hat sie dort die Sicherungsleine befestigt und sich wie Tarzan von einem Baum zum anderen geschwungen. Die Hängematten schleifen wir an Karabinerhaken mit und zurren sie jeder an seiner Seite fest. Es ist fast dunkel, ich bin erschöpft und frage nicht mehr nach der Höhe. Doch die Sicherheitsfrage klärt sich. Über der Hängematte ist ein Seil gespannt, an dem der Gurt befestigt wird. Iris nennt es "ligne de rêve" – Traumleine. Sollte ich aus der Hängematte rollen, wird sie mich am tiefen Fall hindern, allerdings nicht vor einem großen Schreck bewahren.

Gute Nacht mit Gurt

Zum Abendessen geht es erst mal wieder baumabwärts. Beim Mahl unterm Sternenhimmel erhole ich mich. Der Wiederaufstieg ist umso härter. Endlich bin ich oben, klicke mich an das Traumseil und schlüpfe in den Schlafsack. Es ist ganz bequem, ich habe nur Angst, im Schlaf herauszurollen. Nun frage ich doch noch, wie hoch wir liegen. "Etwa zehn Meter", tönt es aus der Hängematte über mir.

Mehr Informationen

Baumkletterkurse und Wipfelschlafen mit Iris Hart oder ihrem Kollegen Yannick, auf Englisch oder Französisch buchbar bei Amethyste. Halbtägige Kletterkurse gibt es ab 30 Euro.

Kostenloser Stadtführer: Mit den ­"Greeters", Privatpersonen, die einem ihr Mar­seille zeigen, lernt man die zweitgrößte Stadt Frankreichs auf ­individuelle Weise kennen.

Urlaub in luftiger Höhe in der Nähe von Poitiers: Nicht weit vom "Tal der Affen", einem Wald, in dem Primaten frei leben, befindet sich das Urlaubsgebiet Parc de la belle. ­Geboten wird Urlaub in originellen Unterkünften: In ­dem zehn Hektar großen Park kann man in Holzhütten in den Bäumen nächtigen – perfekt für Naturliebhaber*innen und Abenteurer*innen.

Die Baumhütten an den großen Seen in der Franche-Comté bieten in fünf und zwölf Metern Höhe einen tollen Ausblick auf Wasser und Wald.

Hier findest du weitere Baumhäuser in Deutschland und Baumhaushotels in ganz Europa.