"Dober dan!“, begrüßt mich der Kellner des „Restaurants 1906“ freundlich. Ich lächle und murmle etwas Unverständliches, während ich darüber nachdenke, dass ich zum ersten Mal seit vielen Jahren in einem Land bin, in dem ich kein Wort der Sprache verstehe: Slowenien. Ich bin in Bled, einer kleinen Stadt zwischen Karawanken und Julischen Alpen, und auf meinem Programm für die nächsten Tage steht gut zu essen und viel draußen zu sein. Ein paar Worte Slowenisch werde ich nebenbei auch aufschnappen.
Bled – Der Ort mit der Kirche im See
„Du bist zur richtigen Zeit in Bled“, sagt Maja Lakota, als ich ihr am nächsten Tag beim Mittagessen im Restaurant der Burg Bled gegenübersitze. Lakota arbeitet für das Tourismus-Management der Stadt. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem nahegelegenen Bohinj-Tal und dem Zusammenschluss der Alpine Pearls hat sie mich zu dieser Reise eingeladen. „Im Sommer ist es hier voll von Touristen, auch im Winter, wenn Schnee liegt. Aber von Mitte September bis Mitte Oktober ist es hier leer, gleichzeitig sind die Tage noch einigermaßen lang und es ist nicht zu kalt. Definitiv die beste Zeit, um Bled zu besuchen.“
Bled und Bohinj liegen nur eine halbe Stunde voneinander entfernt, beide sind als Slovenia Green Destinations ausgezeichnet, und beide liegen direkt an tiefblauen Alpenseen. Und doch sind die Orte völlig verschieden: Bohinj ist wilder, natürlicher. Bled dagegen hat eine lange Tradition als Kur- und Spa-Ort. Schon als Slowenien noch Teil der Habsburger Monarchie war, kamen die Aristokraten zur Erholung nach Bled. Und so gibt es in dem 8.000-Einwohner-Städtchen noch heute viele Villen und Herrenhäuser – ungewöhnlich für die Alpen.
Vom Burgfelsen aus mache ich mich auf, die Hügel rund um den See zu Fuß zu erkunden – und bleibe gefühlt alle 50 Meter stehen, um ein Foto zu machen. Der See mit der Insel, auf der die Kirche der Muttergottes emporragt, dahinter die Burg und im Hintergrund die Karawanken: Ein malerischeres Motiv ist kaum vorstellbar. Von der autofreien Uferpromenade aus steige ich immer wieder auf schmalen Waldwegen bergauf – und begegne dabei nur wenigen Menschen.
Wilde Vintgar-Schlucht
Am nächsten Morgen nutze ich den strahlend schönen Herbsttag aus und schwinge mich auf mein Leih-E-Bike. Ohne konkretes Ziel führt mich meine Fahrt zunächst durch die ruhigen Straßen des Orts und schließlich hinauf in die Berge, durch grüne Wiesen, auf denen Kühe, Schafe und Ziegen grasen, vorbei an Kirchen und alten Bauernhäusern. Ich lasse mich treiben und lande schließlich am Eingang zur Vintgar-Schlucht. Hier gräbt sich der Radovna-Fluss Jahr für Jahr tiefer in die Felsen.
Ein Holzsteg schmiegt sich einige Meter über dem Wasser eng an die Felswand, auf Brücken kreuze ich immer wieder den Fluss. Das kristallklare Wasser sprudelt und rauscht über die Felsen, nur um sich wieder in tieferen Pools zu sammeln und gemächlich weiterzufließen. Ein beeindruckendes Naturschauspiel, das ich an diesem Nachmittag fast ganz allein genieße.
Lokale Kulinarik: Birnen gehören unbedingt dazu
Zum Mittagessen lande ich im Restaurant „Gostilna Kurej“ im nahegelegenen Zasip. Was sie mir empfehlen würde, frage ich die Kellnerin. „Jota“, sagt sie und bringt mir einen großen Teller mit Sauerkraut-Eintopf. Und zum Nachtisch die Spezialität des Hauses: „Štruklji“, ein gerolltes Gebäck, gefüllt mit den einheimischen Tepka-Birnen. Normalerweise kein Birnen-Fan, hat mich diese lokale Varietät schon als hausgemachte Marmelade beim Frühstück im Hotel Triglav und als Saft beim Mittagessen mit Maja Lakota begeistert.
„Was wirst du in Bohinj machen?“, fragt Lakota mich bei meinem Abschied von Bled, und ich erzähle ihr, dass ich mit einem Guide unterwegs sein werde. „Ah, das ist sicher Grega. Grüß ihn schön von mir!“
Die Reise führt mich im weiteren Verlauf zur Mostnica-Schlucht, zum Bohinjer See, auf den Käsehof Pr’ Odolnek und zum Triglav Nationalpark. Nachzulesen ist die gesamte Reisereprtage im Anderswo-Magazin 2022.