Wonach suchst du?

Ansicht der Donau mit dem Uferpanorama von Budapest

Blick von der Burg in Buda auf Pest / © Kristina Kühne

Nächster Halt: Budapest

von Kristina Kühne

Städtereisen mit Interrail-Flair: Europas Metropolen kann man auch als Familie am besten mit dem Zug bereisen und unterwegs Sehenswertes entdecken

Gut 1.000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen der ungarischen Hauptstadt und unserer Heimat in Westdeutschland. Das sind zwölf bis dreizehn Stunden Zugfahrt – eindeutig zu lang für meine bewegungsfreudigen Kinder. Also machen wir aus der Not eine Tugend und reisen in Etappen: Mit Zwischenstopps von je zwei Nächten geht es über München und Wien immer weiter Richtung Osten zu unserem Ziel. Eine Woche, drei Städte.

Städtehopping mit Kindern

München empfängt uns nach vier Stunden entspannter Zugfahrt mit strahlendem Sonnenschein. Mit jedem Kilometer haben wir Abstand genommen von der Hektik des Alltags. Jetzt macht sich unser Deutschlandticket bezahlt. Ohne sich weiter mit Tarifen, Rabatten und Ticketautomaten beschäftigen zu müssen, können wir jeden Bus und jede Bahn nehmen, wenn die Beine mal müde werden.

Haidhausen – das Dorf mitten in München

Nachdem wir die Innenstadt durchschlendert, auf dem Viktualienmarkt die Auslage bewundert, dem Glockenspiel am Rathausturm gelauscht und den Surfern im Englischen Garten zugesehen haben, entschließen wir uns kurzfristig zu einer Programmänderung. Das Frühlingswetter ist einfach zu schön für einen Besuch im Deutschen Museum. Stattdessen wechseln wir das Isarufer und gelangen in den Stadtteil Haidhausen. Das ehemalige Dorf ist längst eingemeindet, aber der Charakter ist geblieben. Winzige Häuser zeugen von einer anderen Zeit, als hier noch Arbeiter, Handwerker und Taglöhner in ärmlichen Verhältnissen wohnten. Glücklicherweise wurde dieser Stadtteil von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs weitgehend verschont. So glänzt Haidhausen auch mit prächtigen Altbauten aus der Gründerzeit. Zahlreiche Cafés haben bei dem Frühlingswetter ihre Tische und Stühle ins Freie gestellt und beleben die Plätze. Doch es zieht uns weiter.

Etwas nördlich schließt sich der Stadtteil Bogenhausen an – „unser“ Viertel während unseres Aufenthalts. Der alte Friedhof dort ist ein kleiner Geheimtipp. Zwischen verwinkelten Sträßchen liegt er oberhalb der Isar an der Kirche Str. Georg, ein Refugium in der quirligen Stadt. Zahlreiche Künstler wie Rainer Werner Fassbinder und Erich Kästner haben hier ihre Ruhestätte.

Mit dem Zug direkt in die Wiener City

Weniger ruhig gestaltet sich unsere Weiterfahrt nach Wien. Zwar ist die Frequenz der Strecke München-Wien mit ein bis zwei Zügen pro Stunde bemerkenswert, dennoch ist die Auslastung enorm. Der Railjet der ÖBB ist proppenvoll und ich danke mir innerlich für meine Umsicht, an eine Sitzplatzreservierung gedacht zu haben. Allerdings konnte ich bei der Reservierung die Plätze nicht selbst auswählen und das Buchungssystem hat uns keine Plätze nebeneinander zugewiesen. So sitzt meine Tochter mit unglücklichem Gesicht - immerhin - hinter mir. Auch ich fühle mich eingeengt und wünschte ein ums andere Mal, die Fenster ließen sich in modernen Zügen wie früher öffnen. Gut, dass die Fahrtzeit überschaubar und der Zug obendrein noch pünktlich ist. Nach vier Stunden atmen wir tief die Wiener Luft ein, froh, dem stickigen Zug entkommen zu sein.

Ein klarer Pluspunkt für Städtereisen mit dem Zug: Bahnhöfe liegen in der Regel bereits mitten in der Stadt, und es kann sofort losgehen mit der Entdeckungstour. So schlendern wir schon kurze Zeit später durch die Wiener Innenstadt und erholen uns bei Palatschinken und Melange in einem der traditionellen Wiener Kaffeehäuser von der Zugfahrt. Besonderen Anklang findet bei meinen Kindern die Mariahilfer Straße, die seit 2015 teilweise Begegnungszone ist. Fußgänger, Autos, Räder und ÖPNV teilen sich die breite Fläche der Straße. Das funktioniert erstaunlich gut, und wir lassen uns ohne Lärm und Gedränge zwischen Passagen, Gässchen und Schaufenstern treiben.

Wenn wir ehrlich sind: Wien eignet sich nicht für eine Durchreise. Zu viele Entdeckungen müssen wir auf unseren nächsten Besuch verschieben. Den allerdings haben wir uns gegenseitig versprochen.

Geschichte und Gegenwart in Budapest

Nur zweieinhalb Stunden braucht der Zug von Wien nach Budapest. Und doch wird die Entfernung von zuhause nun spürbar. Vielleicht liegt es daran, dass Reisen nach Ungarn in meiner Kindheit schlichtweg nicht möglich waren. Auch darüber sprechen wir im Zug, und meinen Kindern wird zum ersten Mal das Ausmaß des Kalten Krieges, den sie aus der deutschen Geschichte kennen, bewusst. Ungewohnt für sie ist auch die fremde Währung. Ungarn hat trotz Mitgliedschaft in der EU am Forint festgehalten. Mit ungarischem Geld kommen wir aber nicht näher in Berührung, da bargeldloses Zahlen überall möglich und günstiger ist.

Familienurlaub: nörgelnde Kinder und entnervte Eltern?

An Tag sechs unserer Reise bricht die Meuterei aus. Scheinbar ziellos durch Straßen zu laufen und Sehenswürdigkeiten abzuklappern, erscheint meinen Kindern sinnlos. Bei mir macht sich Frust breit. Zeit für eine Lagebesprechung auf einer schattigen Parkbank bei einem Chimney Cake (auf Ungarisch unaussprechlich für unsere Zungen Kürtöskalács), dem traditionellen Hefegebäck, das es für ganz kleines Geld an jeder Ecke gibt. Schon beim zweiten Bissen hellt sich meine Stimmung auf. Ich schiele verstohlen von meinem Sohn zu meiner Tochter und begegne denselben prüfenden Blicken. Wir fangen an zu feixen, dann zu lachen. Haben wir uns gerade wirklich gestritten?

Gut gestärkt, einigen wir uns schnell auf einen Kompromiss: In Anbetracht der herrschenden 28 Grad und unserer Eindrucksmüdigkeit entscheiden wir uns für einen Besuch im „Labyrinth“ im Burgviertel von Buda. Das Höhlensystem entstand durch Thermalwasser, das das Gestein ausgewaschen hat, und diente in der Vergangenheit als Kühl- und Schutzraum. Heute tummeln sich eine kuriose Sammlung an Ausstellungsstücken von fraglichem Wert und Nutzen in den Gängen. Auch wenn sich uns der Sinn der Ausstellung nicht erschließt: Die gute Reiselaune ist zurück.

Nach einer Woche ist meinen Kindern die Vorfreude auf zuhause aus dem Gesicht abzulesen. Uns ist das Zeitgefühl abhandengekommen und wir könnten schwören, es seien drei Wochen vergangen seit unserer Abreise. Werden wir so eine Reise wiederholen? Auf jeden Fall!


 

Mit Kindern mobil

Fernverkehr:

Deutsche Bahn: Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 14. Lebensjahr fahren bei der DB kostenlos mit, wenn sie bei der Buchung als Mitreisende angegeben werden.
Die Bahncard 25 gibt es für Jugendliche ab 14 Jahren für 7,90 Euro pro Jahr.

ÖBB: Kinder bis einschließlich 5 Jahre fahren kostenlos, zwischen 6 und 14 Jahren zum halben Preis. Mehr Informationen

Bahngesellschaft Magyar Államvasutak (MAV): Kostenlose Fahrt für Kinder unter 14 Jahren, Senioren über 65 Jahren sowie Kinder großer Familien (ab 3 Geschwistern unter 18 Jahren, die mit ihren Eltern oder volljährigen Geschwistern reisen). Jugendliche zwischen 14 und 25 Jahren fahren mit 50 % Ermäßigung. Mehr Informationen

In der Stadt unterwegs:

München: Kinder unter 6 Jahren haben freie Fahrt.

Wien: Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind, fahren kostenlos. Außerdem sind Kinder und Jugendliche bis zum 15. Geburtstag während der Wiener Schulferien sowie an Sonn- und Feiertagen gratis im Netz der Wiener Linien unterwegs. Mehr Informationen 

Budapest: Kinder bis einschließlich 13 Jahren sowie über 65-Jährige fahren kostenlos. Jugendliche 14-25 Jahre erhalten 50 % Rabatt auf den Ticketpreis. Mehr Informationen