Die letzten Kilometer bis zur Unterkunft! Entspannt radeln wir mit leichtem Rückenwind auf dem Elbdeich entlang. Die Sonne steht schon tief, aber der Abend ist mild. Trotz Vorfreude aufs (vegane) Abendessen lassen wir uns Zeit und halten immer wieder an, um Fotos zu machen und diese einzigartige Flusslandschaft zu bewundern. Weit breitet sich das Biosphärenreservat Elbtalauen vor uns aus. Immer wieder radeln wir an kleinen Grüppchen mit Ferngläsern vorbei, die vom Deich aus die Wasservögel beobachten – erste Vorboten der Burg Lenzen, die wir als Nachtquartier ansteuern.
Burg Lenzen beherbergt nämlich nicht nur das stilvolle ahead burghotel, unser nächstes Quartier auf der Blaue Schwalbe-Radroute, die in diesem Jahr vom Wendland an die Ostsee führt. Im Pförtnerhaus der Burganlage befindet sich auch das Besucherzentrum des Biosphärenreservats, wo man unter anderem Führungen zur Vogelbeobachtung buchen und die dafür nötigen Ferngläser ausleihen kann.
Wir lassen das Pförtnerhaus an diesem Abend erst mal links liegen und radeln direkt bis vors Hauptportal. Hotelchef Jonas Mog erwartet uns schon. Vor drei Jahren hat er seinen Traum verwirklicht und das ehemalige BUND-Bildungshaus Burg Lenzen zu einem veganen 4-Sterne-Hotel umgestaltet. „Lenzen und Umgebung bieten mehr als genug Gründe für einen Aufenthalt bei uns auf der Burg“, sagt Jonas. „Aber damit genügend Gäste auch den Weg zu uns finden, brauchten wir ein Konzept, das einzigartig ist und uns sichtbar macht.“ So ist die Idee eines rundum veganen Hotels mit großem Yoga-Angebot und hohem Nachhaltigkeitsanspruch entstanden. Die Rechnung scheint aufzugehen: Für den Yin-Yoga-Kurs, der am nächsten Morgen in der sonnendurchfluteten Orangerie stattfindet, haben wir nur noch Plätze bekommen, weil wir vorreserviert haben. Auch der große Frühstücksraum mit Blick ins Grüne ist gut frequentiert. Mutter-Tochter-Duos, viele Alleinreisende, Freundinnen-Grüppchen und einige Paare bedienen sich am üppigen Buffet, auf dem von Obstsalat über zahlreiche süße und würzige Brotaufstriche bis zu den belgischen Waffeln kein Wunsch offenbleibt.
Hier kann man es aushalten! Zwischen Frühstück und Abendessen gehen wir im großen Park spazieren, besuchen das Städtchen Lenzen und genießen das schöne Doppelzimmer mit den Ausmaßen eines kleinen Ballsaals. Jonas und Kim Stellbrinck haben bei der Umgestaltung zum Hotel von vielen Details profitiert, die bereits nachhaltig angelegt waren. Kleine Hinweise machen die Gäste auf diese Besonderheiten aufmerksam: zum Beispiel auf die Vakuum-Toiletten, die pro Spülung nur einen Liter Wasser benötigen. Mit dem Konzept des veganen Hotels tragen sie außerdem zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks bei. So weist die Speisekarte die CO2-Emission jedes Gerichts aus, und die Gäste können nicht nur zwischen köstlichen Gemüsegerichten wie Kohlrabi-Carpaccio oder Rote-Bete-Ravioli wählen, sondern den Genuss durch das Wissen um die geringen CO2-Emissionen ihres Gerichts erhöhen.
Viel zu schnell vergeht die Zeit in Lenzen. Mit dem Wunsch, auf jeden Fall bald für einen längeren Aufenthalt wiederzukommen, packen wir unsere Räder und rollen über das dicke Kopfsteinpflaster vom Burghof.
Gestartet haben wir diese Blaue Schwalbe-Entdeckungstour schon ein paar Tage vorher in Uelzen bei Hannover. Ziel: Ein paar uns bisher unbekannte norddeutsche Urlaubsregionen mit einer Radtour zu verbinden und dabei so viele Blaue Schwalbe-Unterkünfte wie möglich zu besuchen.
Unsere Route führt über das Wendland, den Naturpark Elbhöhen, das Biosphärenreservat Elbtalauen, die Mecklenburgischen Seen und entlang der Ostseeküste bis Hamburg. Sie verbindet nicht nur fünf Bundesländer, sondern auch fünf ganz besondere Unterkünfte – jede für sich ein Vorzeigebeispiel nachhaltiger Hotellerie.
Übers Wendland an die Ostsee
Obwohl das Wendland offiziell zur norddeutschen Tiefebene gehört, ist es hier alles andere als flach. Das sanfte Auf und Ab der Landschaft geht in die Beine. Den Drawehn haben wir voll unterschätzt! Der scheinbar unspektakuläre Höhenzug konfrontiert uns mit knackigen Aufstiegen und steilen Abfahrten. Obwohl er an seiner höchsten Stelle kaum 150 Höhenmeter misst, gewährt er weite Blicke übers Land. Das abwechslungsreiche Landschaftsbild mit Höhenzügen, Tälern, lichtem Mischwald, kleinen Weilern und nicht zuletzt den angrenzenden Elbtalauen bietet die perfekte Kulisse für unsere Tour. Wir bestaunen bemooste Baumriesen, die zwischen jungen Birken emporragen, radeln durch blühende Wiesen und an Getreidefeldern vorbei, die von knallrotem Mohn und blauen Kornblumen eingerahmt sind. Das Wendland liegt zwar recht zurückgezogen, ist aber landschaftlich äußerst abwechslungsreich.
Was Regine im weiteren Verlauf ihrer Blaue Schwalbe-Tour Nord alles erlebt hat, lest ihr im Anderswo-Magazin 2025.