1. Tag Von Landeck nach Nauders, 58 km, 1150 Höhenmeter:
Die Gruppenzusammensetzung ist eindeutig: hauptsächlich Männer zwischen 40 und 50. Keine Frau dabei – außer der Guide. Sicher keine leichte Aufgabe, so eine Männertruppe anzuführen. Fahrräder und Trainingspläne werden verglichen. Alle geben ein bisschen an, und alle machen sich ein bisschen Sorgen, ob sie auch mithalten können.
Erdrutsch am Innufer. Der geplante Weg ist unpassierbar, die auf dem Navi gespeicherte Route lässt sich nicht fahren. Die altmodische Landkarte kommt zum Einsatz. Am Ende müssen wir 400 Höhenmeter extra fahren – fast 1600 Höhenmeter Tagespensum statt der geplanten 1150. Dafür finden wir für die Abfahrt einen schönen Naturtrail. Technisch ist die Etappe wenig anspruchsvoll. Dass ich an der einen oder anderen Stelle ein paar Meter mehr schieben musste als die anderen, fällt nicht auf. Das Leistungsniveau der Teilnehmer liegt nah beieinander, daher kein langes Warten auf die Langsamen. Schönes Wetter und gute Radfahrbedingungen für den ersten Tag. Alle sind mit sich und der Tour zufrieden.
2. Tag Von Nauders nach Goldrein, 80 km, 600 Hm:
Regen und Nebel am Morgen. Trotz positiver Wetteraussichten entscheidet unsere Führerin, dass wir den Alpenhauptkamm nicht am Plamort überqueren, sondern auf dem Radweg über den Reschenpass. Statt Höhenmeter zu kloppen, machen wir eine gemütliche Radtour. Im strahlenden Sonnenschein geht es auf glattem Asphalt durch den Vinschgau. Viel Zeit, um sich zu unterhalten und die Mitfahrer langsam kennenzulernen. Die frühe Ankunft in Goldrein lässt Zeit für ein Nachmittagsbier und Pizza oder den Wellnessbereich im Hotel. Statt des gebuchten Radsports dann doch eine willkommene Auszeit.
3. Tag Von Naturns nach Nals, 50 km, 860 Hm:
Heute zum ersten Mal 600 Höhenmeter am Stück, die größte Steigung bisher. Die Anstrengung wird durch tolle Aussichten auf Meran und Umgebung belohnt. Ansonsten steht Ruhetag auf dem Programm, was zu einer kleine Meuterei in der Gruppe führt: Der zweite Ruhetag in Folge unterfordert die ambitionierten Sportler. Daher weicht die Führerin von der geplanten Tour ab und sucht neue Weg durch den Wald. Endlich kommen auch die guten Fahrtechniker auf ihre Kosten. Ich schiebe. Bergauf stöhnt mein Fahrrad inzwischen stärker als ich. Daher suche ich in Nals ein Fahrradgeschäft auf. Der nette junge Mann verspricht, das Rad in einer Stunde flottzumachen. Zeit für ein Bier in der Bar gegenüber. Für 25 Euro habe ich anschließend ein geputztes, durchgechecktes und vor allem geräuschfreies Rad.
4. Tag Von Nals nach Coredo, 62 km, 1700 Hm:
Das frisch geölte Rad bewährt sich. Bergab Richtung Kaltern geht es auf einem nicht ganz so steilen Trail, auf dem ich weiter an meiner Fahrtechnik feilen kann und zum ersten Mal echte Erfolgserlebnisse habe. Danach treten wir in praller Sonne über 800 Höhenmeter den Mendelpass hoch – ich komme ganz schön ins Schwitzen und freue mich über die Mittagspause auf dem Pass. Spektakulären Ausblicken bis in die Dolomiten folgen schönen Trails bergab. Am Schluss strampeln wir nochmal steil bergauf. Trotz insgesamt 1700 Höhenmetern ist es bisher der schönste Tag. Das zeigt sich auch an der guten Stimmung und der großen Zufriedenheit aller Mitfahrer mit der Tour und der eigenen Leistung.
5. Tag Von Coredo nach Fai della Paganella, 54 km, 1780 Hm:
Auf und ab im Val di Non. Inzwischen sind wir richtig in Italien angekommen. Die vormittäglichen Kaffeepausen häufen sich. Dazwischen geht es jedoch hart zur Sache: Heftige und lange Steigungen wechseln sich ab mit Abfahrten auf schönen Trails. Während wir bisher unterwegs fast nur Mountainbiker getroffen haben, gibt es in Fai di Paganella auch wieder andere Touristen und italienisches Urlaubsflair.
6. Tag Von Fai della Paganella nach Torbole, 65 km, 1200 Hm:
Am letzten Tag fahren wir noch ein letztes Mal hoch über die Baumgrenze zu den Murmeltieren. Mit dem Rad kommt man am Monte Gazza in Gegenden, die für Fußgänger kaum zu erreichen sind. Die Abfahrt zum Lago di Toblino ist eine echte Herausforderung: sehr steil, viele Höhenmeter. Die Bremsscheiben glühen, aber ich merke auch, dass ich viel Sicherheit gewonnen habe. Danach radeln wir auf dem asphaltierten Weg im Tal erst mal in die Eisdiele in Arco und anschließend im Regen hinunter zum Gardasee. Die Tour endet mit einem Glas Sekt am Ufer und dem traditionellen Alpenquerersprung in den See. Gut, dass das Wasser noch sommerlich warm und das Hotel vor Ort an klitschnasse Männergruppen gewöhnt ist.