Osnabrücker Land: von Rock bis Barock

Ein perfektes Radnetz lädt ein, die Region rund um Osnabrück ganz entspannt zu entdecken

2800 Kilometer bestens ausgeschilderter Radwege gibt es in der Region zwischen Münster, Bielefeld und Osnabrück und ganz viel zu entdecken – von Wassermühle bis Hofcafé.
Eine Anderswo-Reisegeschichte zum Nachradeln:

Ein bisschen feucht ist die Wiese noch. In der Nacht ist eine Regenfront durchgezogen. Der Tag verspricht sonnig zu werden. Aber noch fällt der ein oder andere schwere Tropfen aus der majestätischen Trauerweide, unter der Nancy die Yoga-Matten ausgebreitet hat. „Yoga im Grünen“ heißt das Angebot, das sich Ryan Stephens, Besitzer des Festland–Kulturhof Bad Iburg, ausgedacht hat: erst ein bis zwei Stunden Yoga, dann großer Brunch – ebenfalls im Grünen – auf der Gartenterrasse des Restaurants „Pfeffer&Minze“.

Ryan hat „Pfeffer&Minze“ im Frühjahr 2016 eröffnet. Die mächtige historische Scheune, in die das schicke Restaurant integriert ist, gehört zu einem Landgut in der Nähe von Bad Iburg am Rand des Teutoburger Walds. Das Anwesen umfasst neben Wiesen, Waldstücken, Haupt- und Nebengebäuden auch eine kleine Tipi-Siedlung und mehrere Zirkuswagen. Die gute Lage und die ambitionierte Küche locken Gäste von Münster, Osnabrück und Bielefeld hierher. Viele kommen für einen Tagesausflug mit dem Rad oder mieten ein Tipi fürs Wochenende. Zur Eröffnung der Landesgartenschau Bad Iburg im Frühjahr 2018 soll auch das 3* Superior Boutique-Hotel im alten Gutshaus fertig sein.

Bis dahin schläft es sich auch im Tipi sehr gemütlich. Ryan und seine große Bernhardiner-Hündin haben morgens schon Cappuccino und Frühstück auf die Waldlichtung gebracht, auf der die Tipis stehen. Erst Kaffeetrinken in der Morgensonne, danach eine Stunde Yoga in der taufrischen Wiese: Kann man entspannter in den Tag starten?

Flexibel Radfahren

Offen für Neues und ganz im Flow – das ist die perfekte Einstellung, um in einen Fahrradtag im Osnabrücker Land zu starten. Das Angebot an Radwegen ist groß und – je nach Interessen, sportlichen Ambitionen und Wetter – flexibel kombinierbar. 2800 Kilometer Radwege hat die Region rund um Osnabrück ausgeschildert. Und wenn Niedersachsen ausschildern, kann man sich auf das Ergebnis verlassen. An jedem Feldweg, den man versehentlich für eine Abzweigung halten könnte, steht ein Wegweiser, der die richtige Richtung weist. Der Radfahrer kann sich getrost aufs Radfahren konzentrieren – und die Augen offen halten nach den vielen Überraschungen, die die Region bereithält.

Wer sich zuhause mit 70 Quadratmeter und Kunstrasen auf dem Balkon begnügen muss, kann schon ein bisschen neidisch werden angesichts der räumlichen Möglichkeiten im ländlichen Raum. Ob Tanzscheune, Biergarten, Gärtnerei mit Hofcafé oder die private Rockbühne – wie Ryan nutzen hier viele die großzügigen historischen Landgüter und die für die Region typischen „Dielen“, turnhallengroße Fachwerkscheunen, um ihre kreative Ideen in die Tat umzusetzen. Es lohnt sich daher immer, auch mal von der hervorragenden Wegweisung abzuweichen und – teilweise handgemalten – Schildern an der Strecke zu folgen: Hofläden mit erntefrischem Obst, Gemüse oder ofenfrischem Gebäck, Biergärten mit eigenen Bier-Kreationen, Naturbadeseen mit Sandstrand und Strandkorb, Wind- und Wassermühlen – und sogar echte Dinosaurierspuren.

Wenn der Magen schon knurrt und die Kraft in den Beinen nachlässt, sind Schilder, die Richtung Hof-Café weisen, besonders willkommen. Zum Beispiel zu Wobkers Hofcafé bei Melle: Kaum hat man die Räder abgestellt und es sich am Gartentisch gemütlich gemacht, kommt Volker Wobker mit einer großen Tortenplatte mit Glashaube an den Tisch. In der „Vitrine“ hat er heute Eierlikör-Birne-Mohn-, Ananas-Sahne-Nuss- und anderen spektakulären Torten zur Auswahl. Gemeinsam mit seiner Frau Karla hat der 70-Jährige das Hof-Café bei Melle fast 20 Jahre lang bewirtschaftet. Da die Fahrradgruppe, für die er schon eingedeckt und Kaffee gekocht hat, noch nicht da ist, setzt er sich ein bisschen und erzählt – vom Heuhotel, das er auf dem Hof ein paar Jahre betrieben hat und dass er in Zukunft mehr in Hamburg und Bayreuth sein möchte, um sich neue Operninszenierungen anzuschauen, und weniger in Melle.

Rock und Barock

Auch Kurt hat einen Hof in der Nähe von Melle und auch seine Liebe gehört der Musik. 1993 stellte Kurt einer Gruppe von Jugendlichen, die ein Open Air-Festival mit lokalen Bands veranstalten wollten, ein Grundstück zur Verfügung – Woodstock lässt grüßen. Im kommenden Sommer wird „Rock bei Kurt“ 25-jähriges Jubiläum feiern. Das Jubiläums-Festival wird – wie auch in den vergangenen 25 Jahren – mehrere tausend Besucher aus ganz Deutschland hierher locken und die Felder und Wiesen der Umgebung für ein paar Tage in eine bunte Zeltstadt verwandeln.

Wer eine andere Vorstellung von ländlicher Idylle hat, kann der Schlösser-Route Richtung Bad Essen zum Barockschloss Hünnefeld folgen. Hier, in der Alten Rentei des Schlosses, gibt es Freitag- und Samstagnachmittag die „Dänische Teestunde“: eine großen Kanne Ostfriesentee begleitet von Scones, Hefebrötchen, Marmeladen und diversem Gebäck – genau das richtige Verwöhnprogramm nach einer langen Radtour. Eine mächtige Allee führt von der Straße weg schnurgerade auf das Wasserschloss zu. Dort sitzt man im schönen Garten der Rentei mit Blick aufs Schloss oder – bei kühlem Wetter – im gemütlichen Kaminzimmer unterm Kronleuchter.

Abends wird es dann noch ein bisschen historischer: Mit dem Hotel „Alte Apotheke“ hat das nahegelegene Bad Essen ein ganz besonderes Hotel mitten im Ort. Das geräumige denkmalgeschützte Apotheker-Haus aus dem Mittelalter war renovierungsbedürftig und stand länger leer. Nun hat es seine Bestimmung gefunden: Lea Kormeyer eröffnete dort Anfang 2017 ein Hotel. Die junge Frau suchte eigentlich eine Wohnung für sich und ihre Familie. Sie verliebte sich in das viel zu große Gebäude und beschloss spontan, ein Hotel zu eröffnen. Inzwischen hat sie das alte Haus liebevoll und rund um nachhaltig saniert. So entstanden neben einem für alle Gäste offenen Café sechs stilvolle in Naturtönen gehaltene Zimmer und eine luxuriöse Suite. Wo früher Pillen gedreht und Tinkturen gemixt wurden, ist heute – inmitten des historischen Apotheken-Mobiliars – die Hotel-Rezeption. Medizin wird hier natürlich keine mehr verkauft. „Die Entschleunigung, die die Alte Apotheke und Bad Essen als „Città Slow“ bieten, ist der beste Beitrag zur Gesundheit unserer Gäste“, sagt Kormeyer – und ein passender Abschluss für eine erlebnisreiche Radtour.

Regine Gwinner, 2017

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Landesgartenschau 2018

Bad Iburg ist 2018 Gastgeber der Landesgartenschau in Niedersachsen. Dafür hat sich die kleine Gemeinde am Rande des Teutoburger Waldes ein Konzept ausgedacht, bei dem der Wald eine große Rolle spielt. Mit einem Baumwipfelpfad, eigens entwickelten Liegen zum Waldbaden und vielen anderen Angeboten, die zeigen sollen, welche Vorteile die Nähe zwischen Stadt und Wald für die Menschen hat. Hier gibt es alle
Informationen zur Landesgartenschau 2018 in Bad Iburg

Bad Iburg

In und um Bad Iburg gibt es zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten vom Tipi über ein Landidyll-Hotel und das Stadthotel im Park bis zum Vier-Sterne-Landhotel.
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Essen in einer historischen Villa mit schönem Garten direkt am Schloss:
Restaurant Kroneck Salis

Restaurant im historischen Landgut am Stadtrand von Bad Iburg:
Pfeffer & Minze

Bad Essen

Einkehren und Übernachten in Bad Essen und Umgebung: alteapotheke-badessen.de,

Wenige Kilometer von Bad Essen entfernt, kann man in der Alten Rentei des Schlosses Hünnefeld einkehren und im stilvollen B&B übernachten: www.schloss-huennefeld.de

Events rund um Melle:

Sommer-Open-Air Rock bei Kurt: www.rock-bei-kurt.de

Bierkreationen und Live-Musik auf Hof Luckmann: www.hof-luckmann.de

Per Rad und Bahn unterwegs

Hier gibt es alle Informationen zum 2800 Kilometer umfassenden Radnetz im Osnabrücker Land.

Mehrere Bahnlinien führen ins Osnabrücker Land. Alle Verbindungen unter www.bahn.de