Es ist gerade einmal halb neun morgens und Jan und Mara sind schon im Pool. Der 7-Jährige und die 11-Jährige haben sich fürs Frühstück in der Ferienwohnung nicht viel Zeit genommen. Es ist die einzige Mahlzeit, die sie in diesen Ferien mit ihren Eltern und ohne Freunde einnehmen – langweilig.
Also lieber schnell ein Croissant verdrückt und dann raus und ab in den Pool. Die Eltern Nadine und Frank Müller genießen die ungewohnte Ruhe, lesen in Reiseführern, blättern die Ausflugsprospekte durch, die ihr Gastgeber ihnen ins Appartement gelegt hat, und diskutieren die Möglichkeiten für die kommenden Tage. Wandern gehen könnte man natürlich, um die Gegend hier im Hinterland des Departements Midi-Pyrénées kennenzulernen. Natur gibt es genug. Die Kinder wären vermutlich eher von einer Entdeckungstour in die Höhlen von Roquefort zu begeistern und – wenn man schon mal in der Gegend ist – muss man natürlich auch den berühmten Käse probieren. In einer der Höhlen gibt es sogar ein Restaurant. Ein Essen dort könnte ein Kompromiss sein, bei dem alle auf ihre Kosten kommen.
Vielleicht sind Jan und Mara auch mit der Aussicht auf einen echten Hinkelstein zu einer kleinen Wanderung zu bewegen. Überreste aus der Keltenzeit gibt es rund um Montagnol genug.
Montagnol ist ein kleiner historischer Ort aus dem 18. Jahrhundert. Die alten Häuser sind im Originalstil erhalten, aber modernisiert und so umgebaut, dass zwölf Familienappartements entstanden sind. Zum Dorf gehören Wiesen und Waldstücke.
Nach einem kurzen Entdeckungsspaziergang durchs Feriendorf ist die Entscheidung gefallen: Animateurin Dorothee bietet einen Ausflug mit dem Minibus an, bei dem man alle Besonderheiten der Gegend kennenlernen kann. Höhlen, Käse, Aussicht und Mittagessen – zur Siesta sind alle wieder zurück im eigenen Dorf. Genug Kultur! Schnell haben Jan und Mara wieder die Badehosen an und toben mit den anderen im Pool. Die Großen ziehen sich auf die Liegestühle zurück, lesen und dösen und freuen sich schon mal aufs echt französische Abendessen. Vorspeise: "Courgettes farcies", gefolgt von "Salmis de pintade avec gratin dauphinois", danach "Fromages de pays" und als Nachtisch "Tarte aux pommes maison". Hört sich gut an und sieht auch gut aus. Bisher hat jedes Abendmenü so lecker geschmeckt, dass die deutschen Gäste nicht mehr so genau fragen, was sich hinter den blumigen Namen verbirgt. Es wird spät beim gemeinsamen Essen, das natürlich immer auch von einer guten Flasche Wein begleitet wird. Irgendwann ist aber Zeit, ins Bett zu gehen. Am nächsten Tag gibt es ein Kinderprogramm, für das die Kleinen schließlich fit sein sollten.
Die Woche ist schnell vorbei. Kulturtrips, Entdeckungstouren und Kinderprogramm beschäftigen Große und Kleine – mal getrennt und mal gemeinsam. Gut erholt und voller Neugierde auf das nächste Abenteuer lässt sich Familie Müller zum Bahnhof von Montpellier bringen. Von dort aus fahren sie Richtung Westen bis nach Narbonne, wo sie ein Häuschen im Naturpark gemietet haben.
Im Naturpark Narbonne
Marielle ist Animateurin im Naturpark Narbonne. Zu ihren Aufgaben gehört es, den Neuankömmlingen den Umgang mit der geschützten Natur nahezubringen. Aber Marielle ist nicht nur engagierte Naturschützerin. Sie ist auch fürs Unterhaltungsprogramm der Gäste zuständig. Rund dreißig lokale Vereine arbeiten mit dem Naturpark zusammen und bieten den Urlaubern Natur-, Kultur- oder sportliche Aktivitäten für Groß und Klein an. Marielle erzählt von Natursafaris, Geschichtenabenden, von Ausflügen im Hausboot, Angelkursen, Kunstworkshops und noch vielem mehr.
Die Kinder stürmen voraus, um das Domizil für die zweite Woche zu erkunden, ein zertifiziertes "Gîte rural", zu deutsch etwa ein Ferienhaus im ländlichen Stil. In den Naturparkunterkünften gehört eine Ausrüstung, bestehend aus Ferngläsern, Karten und Infomaterialien zu Flora und Fauna, zur Hausausstattung. Schnell haben Jan und Mara auch die bereitgestellten Fahrräder entdeckt. Für eine kleine Entdeckungsrunde reicht die Zeit vor dem Abendessen noch. Nach Marielles Einführung bleiben alle selbstverständlich auf den markierten Wegen.
"Schnell" ans Mittelmeer
"Langschläfer, raus aus den Betten!" – Frank richtet in der Küche schon das Picknick. Heute steht eine Fahrradtour auf dem Programm. "Ob wir es bis ans Meer schaffen?", fragt Nadine. Noch ist die Luft angenehm kühl. Ein bisschen anstrengen muss man sich schon. Der Weg führt bergauf und bergab, mitten durch die Berge des "Massif de la Clape". Aber das näher rückende Meer reicht als Motivation. Endlich ist es zu sehen – eine schöne Stelle für ein Picknick. Aber so viel Geduld haben die Kinder nicht mehr. Sie wollen ans Wasser, und zwar schnell. Nach einer rasanten Abfahrt ist die Küste erreicht.
"Ausflug? Super!", ist die Reaktion der Kinder, als es am nächsten Tag wieder auf große Tour gehen soll, diesmal zu Fuß. Ziel ist die Insel Sainte Lucie nahe Port la Nouvelle – nach dem Auf und Ab des Vortags eher eine gemütliche Tour. Immer wieder bleibt die Familie stehen, weil Jan einen Raubvogel sichtet oder Mara eine Eidechse aufscheucht. Ein Fischer bietet Fisch und Meeresfrüchte an. Mit einer großen Tüte frischer Meeresfrüchte in der Satteltasche macht sich die Familie auf den Heimweg. Abends unter freiem Himmel gibt es Fisch, Muscheln und natürlich einen Wein aus der Region. Echt französisch – wie der ganze Urlaub!