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Glutenfreie Backwaren

Glutenfreie Backwaren / © Scheidegg Tourismus

Allergiker*innen und Urlaub

von Marcella Müller

Service statt Allergieschock: Immer mehr Urlaubsorte und Regionen stellen sich auf die Bedürfnisse von Allergikern ein. Was sind geeignete Urlaubsziele machen bei Asthma, Neurodermitis oder Pollenallergie?

Übers Wochenende fährt Philipp Roessler nach Hamburg, um Freunde zu besuchen. Das Hotel ist gebucht, die Tasche gepackt. Die ist aber schwerer als sonst. Vor einigen Monaten hat Roessler erfahren, dass er unter einer Glutenunverträglichkeit leidet. "Seitdem nehme ich mir auf Reisen meine eigenen Lebensmittel mit. Beim Buffet in Hotels gibt es leider meistens kein großes Angebot an glutenfreien Produkten", erklärt Roessler.

Schätzungsweise jede*r Dritte in Deutschland leidet an einer Allergie oder Unverträglichkeit, Tendenz steigend. "Woran das liegt ist noch nicht genügend erforscht", sagt Torsten Zuberbier, Sprecher des Allergiezentrums der Charité in Berlin. "Der moderne westliche Lebensstil und die steigende Umweltverschmutzung spielen sehr wahrscheinlich eine große Rolle." Die häufigsten Allergien sind Pollen- und Hausstaubmilbenallergien sowie Hunde- und Katzenhaarallergien. Auch Nahrungsmittelallergien sind weit verbreitet, außerdem gibt es immer mehr Menschen mit einer Gluten- oder Laktoseunverträglichkeit.

Wenn Allergiker*innen in den Urlaub fahren, sind sie mit zahlreichen Fragen konfrontiert: Welche Baum- und Gräserpollen kommen in meinem gewünschten Reisegebiet vor? Sind die Zimmer im Hotel oder in der Unterkunft für Hausstaubmilbenallergiker*innen geeignet? Können sich die Köch*innen im Gastronomiebereich auf meine Allergie oder Unverträglichkeit einstellen? Wo Entspannung und Pause vom Alltag sein sollten, werden für Allergiegeplagte beim Verreisen die alltäglichen Dinge zum Stressfaktor.

"Am schwierigsten ist es auf Reisen für Nahrungsmittel- und Atemwegsallergiker*innen", weiß Zuberbier. Während sich Menschen ohne Allergien auf die Ankunft im Hotel und die damit verbundene Entspannung freuen, erleben Allergiker*innen gerade zu Beginn ihres Urlaubs häufig böse Überraschungen: Oft reicht eine Hauskatze, eine alte Matratze oder Zimmerpflanzen, um Niesen, Augentränen oder sogar Atemnot auszulösen. Die erhoffte Entspannung rückt in weite Ferne.

Allergiker*innenfreundliche Gemeinden

In allergike*innenrfreundlichen und oftmals zertifizierten Kommunen ist eine ganze Infrastruktur auf Allergiker*innen eingestellt. Dort haben sich nicht nur zahlreiche Unterkünfte und Ferienwohnungen zur Devise gemacht, Allergiker*innen einen sorgenfreien Urlaub zu ermöglichen. Sogar in Bäckereien, Restaurants und Lebensmittelgeschäften sind alle Mitarbeiter*innen geschult und wissen, wie man durch einfache Methoden den Urlaub für Nahrungsmittel-Allergiker*innen zum Genießertrip macht.

Glutenfreies Brot, nussfreier Kuchen oder laktosefreie Sahnetorte - auch bei ganz besonderen Kundenwünschen verdreht hier niemand die Augen. Für Menschen mit Nahrungsmittelallergien ist das eine große Erleichterung. Denn immer die eigenen Lebensmittel mitbringen zu müssen und in Ferienwohnungen selber zu kochen, ist auf Dauer frustrierend.

Die Gemeinde Scheidegg im Allgäu ist zwar nicht mit einem Siegel ausgezeichnet, aber für Menschen, die eine Glutenunverträglichkeit haben, besonders interessant. Betreut von der Deutschen Zöliakie Geselllschaft (DZG) sind dort viele Hotels, Restaurants und Supermärkte auf eine glutenfreie Ernährung ausgerichtet. Außerdem finden in dem Ort regelmäßig Veranstaltungen rund um das Thema Zöliakie statt - von glutenfrei-Kochkursen und Informationsveranstaltungen bis hin zu Glutenfrei-Messen im Scheidegger Kurhaus.

Bad Hindelang im Allgäu wurde mit dem Siegel "Für Allergiker qualitätsgeprüft" als allergiker*innenfreundlich ausgezeichnet. Das Siegel wird vergeben vom Bayerischen Heilbäderverband e.V. in Kooperation mit dem TÜV Rheinland. Selten finden Gäste, die unter Allergien leiden, im Urlaub so günstige Voraussetzungen vor wie in Bad Hindelang im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen. Das vernetzte Angebot allergikerfreundlicher Dienstleistungen erhöht deutlich die Lebensqualität von Allergikern, die in Bad Hindelang Urlaub machen. Zusätzlich ist die Luft des Heilklimatischen Kurortes dank der Höhenlage extrem pollen- und schimmelpilzsporenarm und in der Hochtallage sogar ganz frei von Hausstaubmilben. Viele Bad Hindelanger Unternehmen beteiligen sich zudem an der Ermöglichung von besonders allergiefreundlichem Urlaub: Hotels, Pensionen, Restaurants, Bäckereien, Metzgereien, Cafés und Supermärkte.

Auf Rügen pustet eine ständige frische Brise die Pollen einfach weg. Für Allergiker*innen hat das im Südosten der Insel gelegene Ostseebad Baabe aber noch mehr zu bieten. Baabe wurde 2008 als erste Gemeinde Deutschlands allergiker*innenfreundlich zertifiziert. Gäste mit Hausstaub- und Milbenallergien finden zahlreiche Unterkünfte, die speziell auf deren Bedürfnisse ausgerichtet sind. Auf Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien stellen sich auf Nachfrage viele Hotels ein. Zudem gibt es in Baabe einen Supermarkt, der zahlreiche laktose-, glutenfreie und andere allergenfreie Produkte im Sortiment führt, ein allergiker*innenfreundliches Restaurant und einige Cafés, die zwar nicht zertifiziert sind, aber dennoch Angebote für Gäste mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf der Karte haben. Eine Anfrage lohnt sich.

Allergie ist nicht gleich Allergie

Wer unter Asthma leidet, muss bei der Wahl des Urlaubsziels auf andere Faktoren achten wie beispielsweise Pollenallergiker*innen oder Menschen mit Neurodermitis oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten.

Wer allergisch auf Hausstaubmilben oder Schimmelpilze reagiert, kann im Gebirge eine sorgenfreie Zeit verbringen – und zwar nicht nur in besonders zertifizierten Hotels. Ab einer Höhe von 1500 Metern herrschen für Hausstaubmilben und Schimmelpilze generell schlechte Lebens- und Wachstumsbedingungen.

Für Neurodermitiker*innen und alle anderen, die Probleme mit der Haut haben, ist Badeurlaub an der See mit salzhaltiger Luft und viel Sonne empfehlenswert.

Beste Bedingungen für Asthmatiker*innen herrschen in Gebieten mit trockenem und mildem Klima.

Pollenallergiker*innen fliehen – wenn sie die Möglichkeit haben – während der Hauptblütezeit am besten in die Berge oder auf pollenarme Inseln. Generell sind viele Regionen an der Nord- und Ostsee, im Hochgebirge und Mittelmeerraum als Urlaubsziele für Pollenallergiker*innen geeignet. Wer genau weiß, gegen welche Pollen er oder sie am empfindlichsten reagiert, kann sich Urlaubsregionen aussuchen, in denen die entsprechenden Pflanzen nicht vorkommen oder seinen Urlaub so legen, dass die entsprechenden Pflanze in der Urlaubsregion gerade nicht blüht.

Anderswo-Tipp

Wer bestimmte Nahrungsmittel nicht verträgt, sollte für den Urlaub eine Unterkunft wählen, in der die Küche auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten vorbereitet ist. Die meisten Blaue Schwalbe-Häuser versprechen individuellen Service für Menschen mit Laktose- oder Glutenunverträglichkeit.

Mehr Informationen

Generelle Informationen über Allergien bietet der Deutsche Allergie-und Asthmabund (DAAB) auf www.daab.de

Über den Pollenflug in Europa kann man sich zusätzlich auf der Homepage www.polleninfo.org informieren.

Alles über glutenfreie Ernährung bietet die Deutsche Zöliakie Gesellschaft auf www.dzg-online.de

Aktuelle Infos zu weiteren allergiker*innenfreundlichen Gemeinden finden Sie auf der Internetseite der Stiftung ECARF unter www.ecarf-siegel.org

Wer es satt hat, in jedem Hotel und Restaurant zu erklären, was er essen darf und was nicht, kann sich eine persönliche "Visitenkarte" mit allen Dos und Don'ts produzieren lassen. Die wird dann einfach an die Küche weitergereicht: www.delicardo.de

Weiterlesen

Anderswo hat ein Interview mit Prof. Dr. Zuberbier, Leiter der Stiftung ECARF, geführt.

Außerdem stellen wir euch allergiker*innenfreundliche Unterkünfte vor.