Es ist eine der schönsten Bahnstrecken Europas: der Tren des Llacs fährt von Lleida geradewegs hinein ins Pyrenäen-Vorland. Dabei durchquert er den Gebirgszug Montsec, fährt an vier tiefeingeschnittenen Stauseen entlang, navigiert durch zahlreiche Tunnelbauten bis er schließlich im Bergort Pobla de Segur ankommt. Hier endet dieses ambitionierte Bahnprojekt, das ursprünglich Teil einer Bahnverbindung von Andalusien nach Frankreich sein sollte. Nach der Einstellung des Bahnbetriebs – lange fuhr hier nur ab und zu ein historischer Zug – wurde es sehr ruhig in der Region. Nun haben die lokalen Behörden die Wiederbelegung und Modernisierung der Strecke beschlossen und dem Tourismus in der Region damit einen entscheidenden Impuls gegeben.
Der fünfte See
Ein Projekt, das sich aus der neuen Bahnverbindung ergeben hat, ist der Rundwanderweg "El Cinque Llac". In fünf Etappen führt der Weg durchs Pyrenäen-Vorland in der Region Pallars Jussà unterhalb des bekannten Pyrenäen-Nationalparks Aigüestortes/Estany de Sant Maurici. Während es im Nationalpark an Wochenenden und während der Hauptwandersaison im Hochsommer oft turbulent zugeht, liegt die Region Pallars Jussà noch im Dornröschen-Schlaf. Der Tourismus hier ist sehr individuell und persönlich. Die Unterkünfte sind klein und familiär, die Wanderwege führen durch einsame Natur, und abends kommt man leicht mit den Gastgebern in Kontakt, die persönlich für ihre Gäste kochen und gerne von ihrer Region erzählen.
Ein Wanderweg entsteht
Die Initiative zur Entwicklung des Wanderwegs "El Cinque Llac" kam von Mireia Font-Vidal, die in Senterada, ca. 10 Kilometer von der Endhaltestelle des Zugs das Hotel Casa Leonardo betreibt.
WIE BIST DU AUF DIE IDEE GEKOMMEN, EINEN WANDERWEG INS LEBEN ZU RUFEN?
Mireia Font-Vidal: Ich betreibe seit über 15 Jahren ein kleines Landhotel in meinem Heimatdorf Senterada. Deshalb wusste ich, dass die Gäste wegen der unberührten Naturlandschaft und der lebendigen Pyrenäenkultur hierher kommen. Sie kamen aber vor allem an Wochenenden, Feiertagen und in den Ferien.
Um überleben zu können, brauchen wir aber auch Gäste in der Nebensaison. Ein Wanderweg, der auch internationale Gäste anzieht, schien für unsere Zwecke das ideale touristische Produkt zu sein. Gleichzeitig glaube ich, dass die entscheidenden Veränderungen, die diese Welt braucht, nicht aus der Politik kommen. Unser Engagement nützt ganz direkt unserer Region und macht die Welt vielleicht so ein bisschen besser.
DESHALB HAST DU DAS PROJEKT SO AUF NACHHALTIGKEIT AUSGERICHTET?
Ja, das war mir wichtig. Die Idee nahm Gestalt an, als ich 2010 zur Einweihung des Nostalgiezuges Tren del Llacs (Zug der Seen) fuhr, der durch eine grandiose Landschaft entlang vier großer Stauseen von der Provinzhauptstadt Lleida bis nach Pobla de Segur im Pallars fährt. In der nächsten Nacht konnte ich überhaupt nicht schlafen, denn ich wusste plötzlich „Das ist es!“ Wir brauchen einen Wanderweg, der mit dem Tren del Llacs, also mit öff entlichen Verkehrsmitteln, zu erreichen ist. Nachhaltigkeit ist ein Kernkonzept des Cinquè Llac. Wir wollen nicht nur Emissionen bei der Anreise reduzieren, wir achten auch darauf, möglichst wenig Abfälle zu produzieren. Wir setzen in der Gastronomie ganz auf regionale Lebensmittel und wir haben eine Route geschaffen, auf der die Gäste authentische Pyrenäenlandschaft und –kultur kennenlernen.
WAR ES LEICHT, MITSTREITER FÜR DEINE IDEE ZU GEWINNEN?
Ich nahm eine Karte und suchte nach Landhotels, die für ein solches Unternehmen günstig gelegen waren. Am nächsten Morgen um acht rief ich bei all diesen Hotelbesitzern an und sagte, „Ihr müsst vorbeikommen, ich habe eine Idee!“. Sie kamen am nächsten Tag. Wir gründeten den Verein „El Cinquè Llac“. Jeder hat zunächst 500 Euro investiert, um das Projekt professionell evaluieren zu lassen, eine Website zu erstellen und Fotos in Auftrag zu geben. Wir haben dann alte Gebirgswege zu diesem 100 Kilometer langen Rundweg verknüpft, Infomaterial in mehreren Sprachen erstellt, die Trockenmauern entlang des Wegs restauriert. Inzwischen gibt es eine Mountainbike-Variante und sogar eine Variante für Reiter.